Wenn es darum geht, ungewöhnliche, abstrakte Zusammenhänge zu begreifen, sind Kinder uns Erwachsenen sogar voraus: In einem Experiment hängten Vorschulkinder ihre erwachsenen Mitspieler locker dabei ab, eine Maschine durch Ausprobieren verschiedener Lösungen zum Laufen zu bringen. Der Grund: Kinder sind flexibler und weniger voreingenommen, daher probieren sie auch Unwahrscheinliches einfach aus, wie US-Forscher im Fachmagazin „Cognition“ berichten.
Kinder müssen in kurzer Zeit Vieles lernen, angefangen von der Sprache über den Umgang mit Alltagsobjekten bis hin zu sozialen Regeln. Dass sie darin besonders lernfähig sind, ist bekannt. Doch wie sieht es beim Lernen logischer Ursache-Wirkungs Zusammenhänge aus? Alison Gopnik von der University of California in Berkeley und ihre Kollegen haben dies in einem Experiment getestet. „Soweit wir wissen, ist das die erste Studie, die untersucht, inwiefern Kinder in der Lage sind, abstrakte Ursache-Wirkung Beziehungen zu verstehen und wie gut sie im Vergleich zu Erwachsenen darin sind“, erklären die Forscher.
Eine „falsche Fährte“ legen
Für ihre Studie ließen die Forscher 106 vier- bis fünfjährige Kinder sowie 170 College-Studenten eine etwas kniffelige Aufgabe lösen: Sie sollten herausfinden, wie sich eine auf dem Tisch stehende Box dazu bringen lässt, Musik zu spielen und aufzuleuchten. Als mögliche Auslöser kommen verschieden geformte Spielsteine, Würfel, Pyramiden, Zylinder oder ähnliches in Frage.
Das Ziel war es, die richtige Form auf der Box zu platzieren, um sie zu aktivieren. Allerdings änderte sich dies im Laufe des Experiment: statt nur eines Bausteins waren später mehrere erforderlich. Die Forscher beobachteten dabei, wie schnell und erfolgreich Kinder und Erwachsene lernten, die Box in Gang zu bringen.
Kinder kapieren eine veränderte Logik schneller
Das Ergebnis: Die Kinder schnitten deutlich besser ab – vor allem wenn es darum ging, zu erkennen, dass eine ungewöhnliche Kombination der Spielsteine die Box aktivierte. Musste eine eher unerwartete Lösung gefunden werden, dann erkannten die Kinder das sehr schnell, während die Erwachsenen immer noch auf der Suche nach dem Einen ausschlaggebenden Stein waren, wie die Forscher beobachteten.
„Die Kinder kapierten es. Sie zogen schneller in Betracht, dass das Gerät anders funktionieren könnte und dass sie beide Formen gemeinsam auf die Box legen müssen“, erklärt Gopnik. „Die besten und schlauesten Studenten hingegen verhielten sich so, als wenn die Maschine immer der allgemeinen und offensichtlichsten Regel folgen müsste.“
Die Forscher vermuten, dass Vorschul- und Kindergartenkinder instinktiv der sogenannten Bayesschen Logik folgen. Nach diesem statistischen Modell werden Schlussfolgerungen aus der Abschätzung von wahrscheinlichen Lösungen gezogen. Im Licht neuer Erkenntnisse werden diese aber neu bemessen. Und genau das war es, was sie bei den Kindern beobachteten, denn die Jüngeren waren unwahrscheinlicheren Lösungen gegenüber deutlich offener, wenn es darum ging, die Maschine zum Leuchten und Musik spielen zu bringen.
Intelligente Maschinen können von Kindern lernen
„Eine entscheidende Frage gilt es in Zukunft zu beantworten: Was macht das Lernen der Kinder so flexibel? Sind sie freier von vorgefassten Meinungen als Erwachsene oder haben sie prinzipiell eine flexiblere und entdeckungsfreudigere Sichtweise auf unsere Welt? In jedem Falle können Kinder uns noch eine Menge über den Vorgang des Lernens beibringen“, erklärt Christopher Lucas von der University of Edinburgh.
Ein unvoreingenommener Entdeckergeist scheint bei Kindern natürlicherweise noch sehr stark ausgeprägt. Die kognitiven Fähigkeiten der Kinder könnten in Zukunft auch auf die Entwicklung intelligenter Maschinen übertragen werden, meinen die Forscher. So könnten diese zukünftig auf eine natürlichere und, flexiblere Weise lernen und wie die Kinder immer wieder neue Ideen zur Lösung eines Problems in Betracht ziehen. (Cognition, 2014; doi: 10.1016/j.cognition.2013.12.010)
(University of California – Berkeley, 10.03.2014 – KEL)