Astronomie

Mehr Metall-Asteroiden als gedacht

Infrarot-Methode spürt besonders gefährliche Brocken im erdnahen All auf

Bisher gibt es nur etwa 40 Asteroiden, die als metallreich identifiziert werden konnten; mit der neuen Infrarot-Methode der Planetenforscher des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR) wird diese Zahl um einiges steigen. Dieser Eisenmeteorit wurde in Südamerika gefunden. © DLR (CC-BY 3.0)

Schwere Brocken: Einige Asteroiden bestehen aus mehr als nur Felsen. Sie enthalten große Mengen an Metall. Kommen diese Schwergewichte der Erde zu nah, drohen besonders verheerende Einschläge – andererseits ist der Metallreichtum eine verlockende Rohstoffquelle für die Zukunft. Astronomen haben nun eine neue Methode entwickelt, um diese metallischen Asteroiden zu entdecken. Im Magazin „Astrophysical Journal Letters“ beschreiben sie einen nützlichen Effekt: Die Metallklumpen sind überraschend kühl.

Die meisten Asteroiden ähneln eher fliegenden Schutthaufen als Felsbrocken: Sie bestehen aus locker zusammengepresstem Gestein. Ein paar Asteroiden enthalten jedoch wesentlich mehr als nur Steine: Sie gleichen eher massiven Klumpen aus Metall. Bislang sind unter den tausenden Asteroiden nur etwa 40 als metallreich bekannt – bislang waren sie schwer zu identifizieren.

Gerade diese schweren Brocken sind für Asteroidenforscher jedoch besonders interessant. Alan Harris und Line Drube vom Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) haben deshalb eine neue Methode entwickelt, um sie aufzuspüren: Sie beobachten mit Infrarotmessungen, wie viel Wärme die Oberfläche der Asteroiden abstrahlt.

Mehr metallische Asteroiden als vermutet

Metall leitet Wärme besser als Gestein. Dieses Prinzip der unterschiedlichen thermischen Leitfähigkeit machten sich die Wissenschaftler zunutze: Die Sonnenenergie dringt tiefer in die Oberfläche eines metallreichen Asteroiden ein und wird in seinem Inneren absorbiert. Bei Infrarotbeobachtungen erscheinen die Oberflächen dieser Asteroiden deshalb kühler als die der steinartigen Asteroiden. Vergleichende Radar- und Infrarotmessungen an bereits bekannten metallischen und steinartigen Asteroiden bestätigten: Dieses Prinzip ist tatsächlich geeignet, um auch neue metallische Asteroiden zu identifizieren. „Das war für mich eine große Überraschung“, betont Harris.

Tausende von Datensätzen des NASA-Weltraumteleskops WISE (Wide-field Infrared Survey Explorer) haben die Planetenforscher des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR) ausgewertet – und kamen dabei zahlreichen zuvor unbekannten metallischen Asteroiden auf die Spur „Unsere Ergebnisse deuten auf eine höhere Anzahl von metallischen Objekten im Sonnensystem hin, als wir bisher vermutet haben“, sagt Harris.

Der Barringer-Krater in den USA (Arizona) hat einen Durchmesser von 1,2 Kilometern - er entstand vor 50.000 Jahren durch den Einschlag eines metallischen Asteroiden mit einem Durchmesser von 30 bis 50 Metern. © Alan Fitzsimmons.

Gefahr für die Erde

Das Aufspüren von metallreichen Asteroiden ist aus mehreren Gründen wichtig: Zum einen sind sie besonders gefährlich, wenn sie auf die Erde einschlagen..

„Metallreiche Asteroiden haben eine höhere Dichte, eine höhere Masse – und sind besonders gefährlich, wenn sie die Erde erreichen würden“, erklärt Harris, der das internationale Projekt NEOShield leitet, in dem unter anderem die Eigenschaften der „Near Earth Objects“ untersucht werden, die erdnahen Objekte, die bei einem Einschlag große Zerstörung anrichten könnten.

Nicht metallisch, sondern ein steinartiges Objekt, war der etwa 20 Meter große Asteroid, der im Februar 2013 in 20 bis 30 Kilometern Höhe über Russland nahe der Stadt Tscheljabinsk mit der Wucht von 500 Kilotonnen TNT zerbarst. Ein Asteroid derselben Größenklasse aus Metall wäre bei seinem Flug durch die Lufthülle der Erde vermutlich viel widerstandsfähiger gewesen und hätte tiefer in die Atmosphäre eindringen können. Die Schäden wären dadurch noch erheblich schlimmer ausgefallen.

Die von der Europäischen Union geförderte Forschungsarbeit im Rahmen des NEOShield-Projekts hilft den Asteroidenforschern bei der Einschätzung solcher Gefahren: „Es ist wichtig, die Zusammensetzung potenziell gefährlicher Asteroiden möglichst früh festzustellen,“ erklärt Harris. Nur wenn man den Aufbau eines Asteroiden kennt, kann man ihn beispielsweise effektiv mit einem Einschlag von seiner Flugbahn in Richtung Erde ablenken.

Quelle für wertvolle Rohstoffe

Eine Katalogisierung von metallreichen Asteroiden könnte aber in Zukunft noch einen weiteren Nutzen bringen: für den Abbau von wertvollen Rohstoffen für die Hi-Tech-Industrie wie Osmium, Iridium, Platin oder Palladium. „Das betrifft zwar frühestens die nächste oder übernächste Generation, ist mittlerweile aber nicht mehr komplett unrealistisch“, schätzt Harris. „Amerikanische Privatfirmen arbeiten ernsthaft an der Möglichkeit, Asteroiden als Rohstoffquellen zu erschließen.“

Die NASA plant, einen etwa sechs Meter großen Asteroiden einzufangen, ihn in eine Umlaufbahn um den Mond zu bringen und dort zu erforschen. Eines der Probleme derzeit ist es aber noch, geeignete Objekte unter den Asteroiden dafür zu finden. Harris‘ und Drubes Methode der Infrarot-Beobachtung bietet eine neue Möglichkeit, metallreiche Kandidaten unter den erdnahen Objekten herauszufiltern.

Letztendlich ist die Erforschung metallreicher Asteroiden aber vor allem eines: ein Blick zurück auf die Entstehungsprozesse von Planeten. Die meisten Asteroiden im heutigen Sonnensystem sind die Überbleibsel von gewaltigen Kollisionen im Weltall vor 4,6 Milliarden Jahren. Über ihre Eigenschaften im Allgemeinen weiß man aber noch zu wenig. Projekte wie NEOShield tragen dazu bei, dies zu ändern.

(Astrophysical Journal Letters, 2014; doi:10.1088/2041-8205/785/1/L4)

(Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR), 03.04.2014 – AKR)

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