Ein neues Antriebskonzept könnte die Zeit für Reisen zum Mars drastisch reduzieren. Die zurzeit an der Universität von Washington entwickelte „Mag-beam“-Technologie nutzt einen Strahl magnetisierter und geladener Teilchen, um einen Raumsegler anzutreiben. Nach Ansicht der Forscher könnte dies eines Tages schnelle Flüge auch zu den äußeren Regionen unseres Sonnensystems zur Routine werden lassen.
Mit der zurzeit genutzten Technik, bei der die Umlaufbahnen und Positionen der Erde und des Mars jeweils in passender Konstellation stehen müssen, würde eine bemannte wissenschaftliche Mission zu unserem Nachbarplaneten und zurück rund 2,5 Jahre dauern. „Wie versuchen, zum Mars und zurück in 90 Tagen zu schaffen“, erklärt Robert Winglee, Professor für Erd- und Weltraumwissenschaften an der Universität von Washington. „Unsere Philosophie beruht auf der Annahme, dass bei einer Dauer von zweieinhalb Jahren die Wahrscheinlichkeit einer erfolgreichen Mission ziemlich gering ist.“
Das von Winglee entwickelte Konzept eines magnetisierten Plasmastrahls als Antrieb, des „Mag-beam“, ist eines von zwölf Vorschlägen, die jetzt von der NASA unterstützt und gefördert werden. Der „Mag-beam“ funktioniert nach dem Prinzip eines Sonnenseglers, nutzt aber statt des Sonnenlichts für den Schub einen magnetisierten Strahl geladener Teilchen, die von einer Raumstation ausgestrahlt werden. Sie interagieren mit dem magnetisierten Segel des Raumgleiters und schieben ihn so mit hoher Geschwindigkeit durch den Weltraum. Die Schubkraft des Systems steigt mit der Größe des Strahls: Winglee schätzt, dass eine Strahlenkanone von 32 Metern Durchmesser das Raumschiff mit rund 11,7 Metern pro Sekunde – dies entspricht gut 41.000 Stundenkilometern – durchs All katapultieren könnte.
Um allerdings so große Geschwindigkeiten für einen Besuch beim Mars zu nutzen, müsste am Endpunkt der Reise ebenfalls eine Plasmastation stehen, die das Raumschiff mithilfe eines weiteren Plasmastrahls abbremst. Nach Ansicht von Winglee können solche Plasmastationen schon im Laufe der ohnehin geplanten NASA-Missionen ins das äußere Sonnensystem mitgenommen und beispielsweise nahe des Jupiter abgesetzt werden. Die Stationen dort müssten dann Kernkraft nutzen, um ihren ionisierten Plasmastrahl zu erzeugen, Stationen im inneren Sonnensystem könnten ihn mithilfe der Solarenergie produzieren.
Ein erster Test dieses Antriebskonzepts könnte schon innerhalb der nächsten fünf Jahre erfolgen, so Winglee. Allerdings, so räumt der forscher ein, wäre eine Anfangsinvestition in Milliarden Dollar-Höhe nötig, um die Raumstationen im Sonnensystem zu platzieren. Sind sie jedoch einmal an Ort und Stelle, könnten sie bis auf unbestimmte Zeit die Plasmastrahlen generieren und damit die Kosten für die Raumfahrt deutlich reduzieren, da Raumschiffe dann keine eigenen Antriebssysteme mehr bräuchten. „Das würde eine permanente Präsenz des Menschen im All erleichtern“, erklärt der Wissenschaftler. „Das ist genau das was wir versuchen.“
(University Of Washington, 19.10.2004 – NPO)