Sie sind überall – und sie können unfruchtbar machen: Chemikalien in Alltagsobjekten stören die Navigation und das Verhalten menschlicher Spermien, wie Forscher jetzt nachweisen. Dafür reichen schon geringste Mengen aus, wie sie typischerweise längst in unseren Körpern vorhanden sind. Diese hormonell wirksamen Chemikalien stecken unter anderem in Sonnencremes, Zahnpasta und unzähligen Kunststoffen.
Hormonell wirksame Chemikalien (endocrine disrupting chemicals , EDC) sind heute allgegenwärtig: Sie stecken in Lebensmitteln, Plastikflaschen, Textilien, Haushaltsprodukten, Kosmetika und Spielzeug. Sie dienen als Weichmacher, Wachstumshilfe in der Tierzucht, als Insektizid, aber auch als UV-Filter in der Sonnencreme.
Das Problem dabei: Diese Chemikalien beeinflussen und stören den Hormonhaushalt von Mensch und Tier. „EDCs wurden bereits mit Hodenkrebs und sinkender Fruchtbarkeit in der westlichen Welt in Verbindung gebracht“, erklären Christian Schiffer vom Center of Advanced European Studies and Research in Bonn und seine Kollegen. Doch weil geeignete Testsysteme und Modelle für den Menschen fehlen, sind diese Zusammenhänge nur schwer eindeutig zu belegen – bis jetzt.
Spermien im Belastungstest
Schiffer und seine Kollegen haben nun einen Weg gefunden, die Wirkung der hormonell wirksamen Chemikalien auf menschliche Spermien direkt zu testen. Für ihre Studie hielten sie Spermien in kleinen Testgefäßen und gaben dann jeweils ein EDC in Konzentrationen zwischen 0,1 und 10 Mikromol hinzu. Für 111 verschiedene dieser Chemikalien prüften die Forscher auf diese Weise, wie die Chemikalie den Ionenhaushalt und das Verhalten der Spermien – messbar am Schlagen der Geißel – beeinflusst.