Baldiges Aus fürs Xenon-Doping im Leistungssport: Bisher war nicht klar, ob diese relativ neue Form des Dopings bei normalen Dopingtests überhaupt nachgewiesen werden kann. Doch jetzt belegen deutsche Forscher: Es geht. Noch bis 24 Stunden später ist das Gas im Blut mit gängiger Laborausrüstung nachweisbar. Wer künftig kurz vor einem Wettkampf mit Xenon dopt, muss daher damit rechnen, entlarvt zu werden.
Das Edelgas Xenon ist vielseitig einsetzbar – und taugt auch als Dopingmittel. Denn wird das Gas eingeatmet, regt es die Bildung von körpereigenem Erythropoietin (EPO) an – und das verbessert Ausdauer und Leistung. In Russland fand diese Xenon-Therapie sogar Eingang in die offiziellen Empfehlungen eines staatlichen Forschungsinstituts: Den Sportlern wurde nahegelegt, im Training und vor Wettkämpfen eine 50:50-Mischung des Gases mit Sauerstoff ein paar Minuten lang einzuatmen. Tierversuche hatten zuvor gezeigt, dass eine solche Behandlung den EPO-Wert innerhalb eines Tages um bis zu 160 Prozent steigern kann.
Dopingregeln und -tests hinkten hinterher
Während der Olympischen Winterspiele 2014 in Sotschi wurden Berichte über diese Doping-Praxis bei russischen Athleten erstmals öffentlich. Doch der Welt-Antidoping-Agentur WADA waren die Hänge gebunden. Xenon stand noch nicht auf ihrer offiziellen Dopingliste. Das änderte sich im April 2014, als die WADA die Edelgase Xenon und Argon auf die Liste der im Sport verbotenen Substanzen setzte.
Dabei gab es allerdings eine Haken: Es gibt bisher keine etablierten Testprotokolle und Verfahren, um dieses Gas bei Dopingkontrollen nachzuweisen, wie Mario Thevis vom Zentrum für präventive Dopingforschung an der Universität Köln und seine Kollegen berichten. „Ziel unserer Arbeit war es daher zu prüfen, ob Xenon in Dopingproben mit den in den Labors gängigen Instrumenten detektiert werden kann“, so die Forscher. Denn bisher bestand die Vermutung, dass sich das Gas möglicherweise nicht im Blut nachweisen lässt.
Spurensuche im Blutplasma
Für ihre Studie leiteten die Forscher Xenongas in niedrigen, mittleren und hohen Konzentrationen in „saubere“ Blutplasma-Proben ein. Diese Proben wurden dann bei verschiedenen Temperaturen und unterschiedlich lange aufbewahrt, bevor sie in verschiedenen Gaschromatographen analysiert wurden.
Zusätzlich analysierten die Wissenschaftler die Blutprobe eines 69-jährigen Mannes, der während einer Operation 90 Minuten lang eine Xenon-Narkose mit 55 Prozent Xenon und 45 Prozent Sauerstoff erhalten hatte. Seine Blutproben wurde 8 bis 30 Stunden gekühlt gelagert, bevor die Analyse erfolgte – dies entspricht dem internationalen Teststandard der WADA, wie die Forscher erklären.
Noch 24 Stunden später nachweisbar
Wie die Tests ergaben, lässt sich das Xenongas im Blut auch im Nachhinein noch nachweisen: Die modernsten Gaschromatographen detektierten noch die niedrigste verwendete Dosis– 50 Nanomol Xenon pro Milliliter Plasma. „Ein charakteristisches Muster stabiler Isotope in der Probe erlaubt eine unzweifelhafte Identifizierung des Gases“, berichten die Forscher. Auch die in den meisten Dopinglaboren gängigen Geräte erwiesen sich als genau genug, um auch geringe Mengen Xenon nachweisen zu können.
„Die gängige Kontroll-Ausrüstung gibt uns demnach durchaus die Möglichkeit, Xenon im Plasma und Blut nachzuweisen“, sagt Thevis. Und noch etwas zeigten die Tests: Im Plasma des narkotisierten Patienten war das Edelgas noch bis zu 24 Stunden nach dem Einatmen des Gases im Blut präsent und ließ sich detektieren. Athleten, die vor einem Wettkampf noch schnell eine Lunge voll Xenon tanken, gehen daher den Doping-Fahndern künftig ins Netz.
Schlechte Zeiten für Doper
„Dies ist extrem wichtig im Hinblick auf die kürzlich aufgedeckte Strategie, Athleten mit Xenon-Inhalation zu ‚unterstützen'“, sagt Thevis. Denn die in dieser Pilotstudie gesammelten Ergebnisse deuten darauf hin, dass diese neue Doping-Strategie nun auch entsprechend geahndet werden kann. Allerdings müssen weitere Tests nun noch genauer zeigen, wie sich die Xenonwerte im Blut bei sehr kurzen Einatmungszeiten oder bei sehr niedrigen Dosierungen verhalten. (Rapid Communications in Mass Spectrometry, 2014; doi: 10.1002/rcm.6926)
(Wiley, 26.05.2014 – NPO)