Geowissen

Neuentdeckungen am Meeresgrund

Unterwasserberge benannt nach Nelson Mandela und Walter Moers' Romanfigur

Animierte Unterwasserfahrt zum Nachtigaller Shoal © Alfred-Wegener-Institut, Helmholtz-Zentrum für Polar- und Meeresforschung

Zwei weitere Stückchen Meeresboden sind erschlossen: „Madiba Seamount“ und „Nachtigaller Shoal“ sind nun auf offiziellen Seekarten des Südatlantiks und des antarktischen Meeres zu finden. Beide Berge waren im vergangenen Jahr von deutschen Geowissenschaftlern entdeckt worden. Das namensgebende Komitee folgte den Vorschlägen der Entdecker.

Animierte Unterwasserfahrt zum Nachtigaller Shoal© Alfred-Wegener-Institut, Helmholtz-Zentrum für Polar- und Meeresforschung

In den Ozeanen unseres Planeten existieren noch viele der berüchtigten weißen Flecken auf der Seekarte: „Bis heute sind weniger als zehn Prozent der Unterwasserlandschaften unserer Meere erkundet und mit einem Namen versehen worden“, sagt Jan Erik Arndt vom Alfred-Wegener-Institut.

„Wenn man abseits der normalen Seerouten fährt, kann man deshalb durchaus noch Neuentdeckungen machen“.

Unterwasserberg Madiba: Vergleichbar mit den Alpen

Arndt und seine Kollegen machten während einer Expedition mit dem Forschungseisbrecher „Polarstern“ im südlichen Indischen Ozean im vergangenen November eine solche Entdeckung:

Auf dem Weg von Kapstadt in das Südpolarmeer fuhr das Schiff über die Spitze eines zuvor unbekannten Unterwasserberges. Ein Glücksfall, denn so konnte das Fächer-Echolot des Schiffes den gesamten Berg registrieren. Wäre der Berg lediglich vom Echolot gestreift worden, wäre er trotz seiner Größe vermutlich unerkannt geblieben. Dabei hebt sich der Gipfel 1920 Meter über den Meeresboden und ist in seiner Höhe somit vergleichbar mit Bergen der Alpen – allerdings liegt sein höchster Punkt auch knapp 3500 Meter unter dem Meeresspiegel.

Als Namensvorschlag für den entdeckten Berg reichte einer der Expeditionsteilnehmer den Namen ‚Madiba‘ ein – den Rufnamen des südafrikanischen Freiheitskämpfer und Politiker. „Nelson Mandela ist in dem Zeitraum unserer Expedition verstorben und als sein Clan- und Spitzname, Madiba, als Vorschlag einging, waren wir uns schnell einig, ihn mit dieser Neuentdeckung zu ehren. Schließlich startete und endete unsere Expedition auch in Südafrika“, erklärt Arndt.

Dunkles Mysterium Knapp unter dem Kiel

Eine weitere, ähnliche Entdeckung spielte sich bereits Monate zuvor ab: Bereits im Februar des vergangenen Jahres hatte Boris Dorschel, Leiter der Bathymetrie am Alfred-Wegener-Institut, auf einer Polarstern-Expedition in das antarktische Weddellmeer einen bis dahin unbekannten Unterwasserberg erkundet. Dabei hatten die Forscher sogar noch mehr Glück, denn dieser Berg reicht bis dicht unter die Meeresoberfläche: „An seiner flachsten Stelle lag der Berg nur 16 Meter unter dem Meeresspiegel und damit knapp fünf Meter unter dem Kiel der Polarstern“, so Dorschel. „Wäre die Erhebung in einer Seekarte eingezeichnet gewesen, hätten wir diese Untiefe gemieden.“ Umso wichtiger war es, die Neuentdeckung zu kartieren und zu benennen.

Bathymetrische Abbildung des Nachtigaller Shoal © Jan Erik Arndt / Alfred-Wegener-Institut

Eine Aufzeichnung der Schiffsroute in der Region, die ständig dem Eis im Wedellmeer ausweichen musste, ließ Dorschel an die Romanfigur Prof. Dr. Abdul Nachtigaller aus den „13½ Leben des Käpt’n Blaubär“ denken. „Der Name erschien uns als sehr passend, da Prof. Dr. Nachtigaller sein Leben der Erforschung ungeklärter Mysterien widmet und dafür in die entlegensten Gebiete auf unserer Erde reist – vor allem an dunkle und lebensfeindliche Orte“, erklärt Dorschel mit einem Augenzwinkern.

Als Dorschel den Buchautor Moers um Zustimmung bat, hielt dieser die Anfrage zunächst für einen Scherz, fand dann aber großen Gefallen daran: „Ich hatte ja keine Ahnung, dass heutzutage noch ganze Berge unentdeckt sein können“, sagt Moers. „Dass die Entdeckung im Dunkel antarktischer Gewässer stattgefunden hat, dürfte Nachtigaller, den zamonischen Pionier der Dunkelheitsforschung, besonders freuen.“

Kein Hügel, sondern gefährliche Untiefe

Über beide Namensvorschläge, „Madiba Seamount“ und „Nachtigaller Hill“, stimmte nun das internationale SCUFN-Komitee (Sub-Committee on Undersea Feature Names) ab. Einmal jährlich tagt dieses Komitee und verleiht neuentdeckten geografischen Strukturen am Meeresboden ihre offiziellen Namen.

Der Namensvorschlag für den Madiba Seamount fand schnell Zustimmung. Das Komitee begrüßte dabei vor allem, dass mit der Wahl des Clannamen nicht nur Nelson Mandela selbst, sondern auch der Stamm geehrt wird. Für Diskussionen dagegen sorgte die terminologische Einordnung des Nachtigaller Hill als „Hill“. „Da dieser Unterwasserberg dicht unter der Meeresoberfläche liegt, haben wir uns entschieden, ihn als ‚Shoal’ einzuordnen. Also als eine Untiefe, die eine Gefahr für den Schiffsverkehr darstellt“, erklärt der SCUFN-Vorsitzende Hans Werner Schenke vom AWI.

Damit reihen sich beide Unterwasserberge, „Madiba Seamount“ und „Nachtigaller Shoal“, in eine Liste von geografischen Bezeichnungen ein, die Wissenschaftler des Alfred-Wegener-Instituts auf ihren Forschungsreisen bereits geprägt haben, wie das „Polarstern-Plateau“ und den „Alfred-Wegener-Canyon“.

(Biogeosciences, 2014; doi: 10.5194/bgd-11-1631-2014)

(Alfred-Wegener-Institut, Helmholtz-Zentrum für Polar- und Meeresforschung, 20.06.2014 – AKR)

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