Nanotechnik im historischen Kunstwerk: Künstler im alten Japan schufen schon vor mehreren hundert Jahren das dünnste Blattgold der Welt. Nur rund 100 Nanometer dünn schlugen sie das Edelmetall aus, mit dem sie Gemälde auf Wandschirmen verzierten. Das belegen neue Analysen dieser Kunstwerke mit Hilfe der Röntgen-Fluoreszenztechnik.
Gold hat in vielen Kulturen eine besondere Bedeutung. Weil es nicht anläuft und sich gut verarbeiten lässt, schufen Künstler schon vor tausenden von Jahren nicht nur Schmuckstücke, Skulpturen und rituelle Objekte aus dem weichen Edelmetall, sondern nutzten es in Form von Blattgold auch für Gemälde. Um so dünne Goldschichten zu erzeugen, muss das Metall zunächst geschmolzen und dünn ausgewalzt, dann aber mühsam solange mit einem speziellen Hammer geschlagen werden, bis die gewünschte Dicke erreicht ist.
Gold auf ägyptischen Masken und japanischen Wandschirmen
„Mit moderner Technologie lässt sich heute Blattgold von einer Dicke von 0,1 Mikrometer herstellen“, erklären Sofia Pessanha von der Universität Lissabon und ihre Kollegen. In Ägypten belegten Künstler Totenmasken aber immerhin schon mit einer fünf bis zehn Mikrometer dicken Blattgoldschicht, islamische Keramiken tragen sogar eine nur 0,2 bis 0,5 Mikrometer dünne Vergoldung.
Auch in Japan hat die Arbeit mit Blattgold eine lange Tradition: Künstler schufen damit sogenannte Nanban-Gemälde auf Wandschirmen, die zum Schmuck von Räumen und zur Abtrennung genutzt wurden. Die aufwändig mit Gold verzierten Raumteiler fanden sich vor allem in den Wohnungen Adeliger und reicher Samurai, wo sie auch als Statussymbol galten. Die für diese Gemälde eingesetzten Vergoldungen galten schon länger als dünnste Blattgold der Welt, wie dünn diese Schichten aber genau waren, blieb unklar.
Nanodünne Goldschichten
Pessanha und ihre Kollegen haben nun sechs japanische Nanban-Wandschirme aus der Momoyama Periode von 1573 bis 1603 und der Edo-Zeit (1603 bis 1868) mit Hilfe der Röntgen-Fluoreszenz-Analyse näher untersucht und vermessen. Wie sich zeigte, hatten die japanischen Künstler damals tatsächlich sehr dünne Blattgold für ihre Kunstwerke verwendet: Die dünnste Beschichtung lag im Bereich von nur rund 100 Nanometern oder 0,1 Mikrometern – und damit bei der Dicke, die auch mit modernen Methoden kaum unterschritten wird.
Schon vor mehreren hundert Jahren beherrschten die Japaner demnach die Technik der Blattgold-Herstellung nahezu perfekt. Sie schafften schon damals, Schichten im Nanomaßstab herzustellen – so dünn wie nirgendwo sonst auf der Welt. Die Untersuchung enthüllte aber auch, wie die Künstler im Laufe der Zeit ihre Technik verfeinerten. Denn je später die Wandschirm-Bilder entstanden, desto dünner war auch das verwendete Blattgold, wie die Forscher berichten. (Applied Physics A: Materials Science & Processing¸2014; doi: 10.1007/s00339-014-8531-z)
(Springer Science + Business Media, 03.07.2014 – NPO)