Genetischer Datenmüll oder Langzeit-Speicher? Von etwa drei Vierteln der vermeintlich funktionslosen DNA des menschlichen Erbguts werden dennoch RNA-Kopien erstellt – mit bislang unbekannter Funktion. Aber auch diese Kopien werden durch Signalwege in der Zelle reguliert und sind alles andere als Nebenprodukte, wie deutsche Forscher herausgefunden haben. Sie vermuten, dass diese nichtkodierende RNA entscheidend an der Regulation zellulärer Prozesse bis hin zur Entstehung von Krebs beteiligt ist.
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Nur rund zwei Prozent unseres Erbgutes dienen als Bauplan für Proteine, die als molekulare Maschinen und Baustoffe den Großteil der wichtigen Funktionen im Körper übernehmen. Dazu entsteht zunächst eine RNA-Kopie des entsprechenden DNA-Abschnitts, die dann in die entsprechende Proteinstruktur übersetzt wird. Die restlichen 98 Prozent sind in vieler Hinsicht rätselhaft: Während manche Abschnitte bei der Regulation der Kopien anderer Gene beteiligt sind, ist vom größten Teil dieser nicht-kodierenden DNA nicht einmal bekannt, ob er überhaupt eine Funktion hat – verbreitet ist daher auch der Ausdruck „Müll-DNA“.
Weiße Flecken auf der Genom-Landkarte
Aber ist diese vermeintlich nutzlose DNA tatsächlich unnötiger Ballast? „Das ist eine der zentralen Fragen, die die Genomforschung derzeit umtreibt“, sagt Jörg Hackermüller vom Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung (UFZ). „Auf der Genom-Landkarte sind noch große weiße Flecken – hier gibt es noch viel zu entdecken.“ Überraschend war bereits die frühere Erkenntnis, dass auch von einem beachtlichen Teil der Müll-DNA RNA-Kopien erstellt werden – sogar mehr als von den kodierenden Bereichen des Erbguts.