Fossilienschatz im Bernstein: Im fossilen Harz eingeschlossene Insekten aus China sind den Tierarten in Bernsteinfunden von der Ostsee äußerst ähnlich. Diese Ähnlichkeit ist überraschend: Als der Bernstein vor 50 Millionen Jahren entstand und die Insekten einschloss, waren die Fundorte noch durch das Meer getrennt, wie ein internationales Forscherteam im Magazin „Current Biology“ berichtet.
Bernstein wird oft auch als das „Gold der Ostsee“ bezeichnet: Vor allem im baltischen Raum im Nordosten Europas findet man diesen Schmuckstein aus versteinertem Harz. Besonders interessant für Wissenschaftler sind solche Stücke, die im fossilen Harz eingeschlossene Insekten und andere Gliederfüßer enthalten. Da der baltische Bernstein etwa 40 bis 50 Millionen Jahre alt ist, liefern diese Einschlüsse wertvolle Informationen über die damalige Tierwelt.
Einen wahren Schatz solcher Bernsteinbrocken haben Wissenschaftler um Jes Rust von der Universität Bonn nun rund 10.000 Kilometer von der Ostsee entfernt entdeckt: In der Nähe der ostchinesischen Stadt Fushun graben die Menschen seit über 100 Jahren Braunkohle aus der Erde und befördern dabei auch Bernstein ans Tageslicht. Auch hier tauchen immer wieder Steine mit eingeschlossenen Insekten auf, die bei Sammlern besonders begehrt sind. Systematisch ausgewertet oder mit anderen Bernstein-Fundstätten verglichen wurden diese jedoch noch nicht – bis jetzt.
Ähnliche Insekten beiderseits der Turgai-Straße
Der Vergleich zeigt: Vor 50 Millionen Jahren lebten im Osten Asiens ganz ähnliche Insekten wie in Nordeuropa. „Im Fushun-Bernstein finden wir neben asiatischen Formen erstaunlich oft dieselben Insekten-Gattungen wie im baltischen Bernstein“, erklärt Rust. Dieses Ergebnis ist unerwartet: Zu jener Zeit waren Europa und Asien noch durch einen breiten Meeresarm, die Turgai-Straße, voneinander getrennt. „Die große Ähnlichkeit der eingeschlossenen Insekten hat uns daher sehr überrascht“, sagt Rust. „Wir wissen noch nicht, wie das zusammen passt.“
Insgesamt haben die Wissenschaftler Insekten und andere Gliederfüßer aus über 80 Familien nachgewiesen. Dabei stehen sie mit der Auswertung erst am Anfang – insgesamt über 3.000 Bernsteinbrocken warten darauf, analysiert zu werden. Die Lagerstätte von Fushun füllt zudem einen weißen Fleck auf der Landkarte: Neben Indien ist sie die einzige bedeutende Fundstelle für Bernstein in Asien. Der Braunkohle-Bergbau dort wird jedoch bald eingestellt werden. Rust bedauert zwar das nahe Ende der dortigen Bernstein-Funde, „aber auch so wird uns die detaillierte Auswertung der Funde wohl noch eine ganze Weile beschäftigen.“
(Current Biology, 2014; doi: 10.1016/j.cub.2014.05.048)
(Rheinische Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn, 31.07.2014 – AKR)