Verdacht bestätigt: Ein Mangel am Sonnenschein-Vitamin D erhöht im Alter deutlich das Risiko, an Alzheimer oder einer anderen Form der Demenz zu erkranken – bei schwerem Mangel ist die Gefahr mehr als doppelt so hoch. Dies zeigte ein internationales Forscherteam in einer Langzeitstudie. Weitere klinische Studien müssen nun zeigen, ob sich die Demenz durch vitaminreiche Nahrungsmittel und Vitaminpräparate abwenden lässt, schreiben die Wissenschaftler im Fachmagazin „Neurology“.
Vitamin D gilt als das „Sonnenschein-Vitamin“: In unserer Haut entsteht es unter Sonneneinstrahlung aus einem Vorläufer-Molekül. Schätzungen zufolge leidet jedoch weltweit rund eine Milliarde Menschen an Vitamin-D-Mangel. Dass dieser Mangel bei Kindern und Jugendlichen zu Entwicklungsschäden bis hin zur Knochenkrankheit Rachitis führt, ist schon lange bekannt. Vitamin-D-Mangel senkt auch bei Erwachsenen die kognitiven Leistungen. Der Effekt auf ältere Menschen war allerdings bislang weniger intensiv erforscht.
Doppelt so starker Effekt wie erwartet
Der Verdacht, dass Vitamin-D-Mangel auch mit Altersdemenz und der Alzheimer-Krankheit zusammenhängt, besteht jedoch schon länger. Aus diesem Grund haben David Llewellyn von der britischen University of Exeter und seine Kollegen in einer groß angelegten Studie mehr als 1.600 Senioren im Alter von mindestens 65 Jahren über einen Zeitraum von sechs Jahren begleitet.
Zu Beginn der Studie waren alle Teilnehmer in der Lage, ohne Hilfsmittel zu gehen, und sie litten nicht an Altersdemenz, Herzkreislaufkrankheiten oder den Folgen eines Schlaganfalls. Die Forscher untersuchten, wie viele der Senioren im Laufe der Studie an Alzheimer erkrankten oder eine andere Form der Demenz entwickelten.
Das Resultat fiel drastisch aus, sagt Llewellyn: „Wir hatten erwartet, einen Zusammenhang zwischen niedrigen Vitamin-D-Spiegeln und dem Risiko für Alzheimer und Demenz erwartet, aber die Ergebnisse waren überraschend – der Zusammenhang, den wir fanden, war tatsächlich doppelt so stark wie erwartet.“ Den Zahlen nach stieg die Gefahr bei leichtem Vitaminmangel um etwa die Hälfte an, erhöhte sich bei starkem Mangel jedoch sogar auf mehr als das doppelte, verglichen mit einer guten Vitamin-D-Versorgung. Die Wissenschaftler fanden ebenfalls einen nötigen Mindestwert von Vitamin D im Blut: Konzentrationen von über 50 Nanomol pro Liter bieten demnach die beste Voraussetzung für einen gesunden Geist im Alter.
Demenz mit Vitamin D aufhalten?
Bei alten Menschen funktionieren die Produktionsmechanismen des Vitamins in der Haut weniger Effizient, ein Mangel wird im Alter daher wahrscheinlicher. Hinzu kommt, dass in nördlichen Regionen die nötige UVB-Strahlung im Winter oft zu schwach ist, um die Produktion in Gang zu setzen. Neben der Produktion in der eigenen Haut lässt sich Vitamin D auch aus anderen Quellen gewinnen: Fettreicher Fisch wie Lachs, Aal oder Thunfisch liefert neben dem Vitamin auch die wichtigen Omega-3-Fettsäuren. Eine Alternative dazu sind Ergänzungspräparate oder Vitaminpillen.
„Nun sind klinische Studien nötig um zu zeigen, ob Nahrung wie Fettfisch oder Vitamin-D-Präparate den Ausbruch von Alzheimer oder ähnlicher Demenz aufhalten oder sogar verhindern können“, sagt Llewellyn. „In dieser frühen Phase müssen wir vorsichtig sein, und unsere Ergebnisse sagen nicht, dass ein niedriger Vitamin-D-Spiegel zwangsläufig Demenz auslöst.“ Dennoch bezeichnet der Wissenschaftler die Resultate als ermutigend und sieht einen enormen möglichen Nutzen für die Gesundheit vieler Menschen im Alter – 44 Millionen Menschen auf der ganzen Welt leiden an Formen der Altersdemenz, und bis 2050 wird sich diese Zahl wahrscheinlich verdreifachen.
(Neurology, 2014; doi: 10.1212/WNL.0000000000000755)
(University of Exeter, 08.08.2014 – AKR)