Achtung Kniepatienten: Erneut belegt eine Studie, dass Spritzen und Spiegelungen bei Kniearthrose wenig bringen. Diese Eingriffe zeigen kaum Wirkung und können im Extremfall das Knie sogar noch kränker machen. Dies belegt eine heute veröffentlichte Studie der Bertelsmann Stiftung. Statt der riskanten und nur kurzfristig schmerzlindernden Eingriffe sollten lieber zunächst andere Methoden wie die Physiotherapie stärker genutzt werden, empfehlen die Experten.
Arthrose ist die weltweit am meisten verbreitete Gelenkerkrankung. Mit zunehmendem Alter verschlimmern sich die Beschwerden wie etwa anhaltende Schmerzen und geringere Bewegungsfähigkeit. In Deutschland sind etwa jeder dritte Mann und jede zweite Frau über 60 Jahre betroffen, häufig leiden sie an Knie-Arthrose. Die Patienten versprechen sich von der Therapie, dass sie den oft schmerzhaften und beeinträchtigenden Verlauf positiv beeinflusst.
Spülung oder Spritze ins Knie
Häufig schlagen die Mediziner dann eine Gelenkspiegelung (Arthroskopie) vor. Dabei wird ein Endoskop in das Kniegelenk eingeführt, dieses gespült und beschädigte Knorpelteile geglättet. Um zu Schmerzen zu lindern, werden auch Injektionen angeboten. Dabei werden entweder entzündungshemmende Steroide in das betroffene Gelenk gespritzt oder Hyaluronsäure, die ein natürlicher Bestandteil der Gelenkflüssigkeit ist.
Das Problem dabei: „Es ist immer wieder erstaunlich, dass die Faktenlage bei häufig eingesetzten Behandlungen recht dünn ist. Doch die Patienten werden selten darüber aufgeklärt“, sagt Gerd Gigerenzer, Direktor des Harding Zentrums für Risikokompetenz am Max-Planck-Institut in Berlin. Für den „Faktencheck Gesundheit“ der Bertelsmann Stiftung hat das Harding Zentrum daher aktuelle Literatur analysiert.
Nur kurze Wirkung, aber Nebenwirkungen
Das Fazit: „Spritzen und Spiegelungen sind auf längere Sicht häufig wirkungslos. Ihr Nutzen wird allzu oft überschätzt und die verbundenen Risiken, wie etwa Entzündungen oder Schwellungen ausgeblendet“, so Gigerenzer. Nach Einschätzung der Forscher sind insbesondere Hyaluron-Injektionen kritisch zu bewerten. Die Behandlung führt zwar gelegentlich zu geringfügigen Schmerzlinderungen und mehr Beweglichkeit. Allerdings seien die Besserungen nach wenigen Monaten oft nicht mehr nachweisbar, so die Wissenschaftler.
Kortikoid-Injektionen stellen jedoch auch keine Alternative dar: Sie können Schmerzen nur kurzfristig lindern. Untersuchungen belegen, dass die Wirkung bereits nach vier Wochen verpufft. Darüber hinaus rufen Injektionen nicht selten Nebenwirkungen wie gerötete Haut, Schwellungen und auch Gelenkentzündungen hervor.
Konservative Maßnahmen langfristig nachhaltiger
Wer auf eine Gelenkspiegelung (Arthroskopie) setzt, ist laut Studienergebnis nicht besser beraten: Viele Patienten können nach der Operation im Vergleich zu Nicht-Operierten weder besser gehen, noch haben ihre Schmerzen nachgelassen. „Patient und Arzt sollten zunächst alle konservativen Maßnahmen ausschöpfen“, rät Eckhard Volbracht von der Bertelsmann Stiftung. Dazu zählen Gewichtsreduktion, gelenkschonende Aktivitäten, Physio-, Ergo- und physikalische Therapie. Sie erfordern zwar mehr Eigenverantwortung, richtig eingesetzt, helfen sie aber oft nachhaltiger.
Betroffene können sich ab heute auf der Website Faktencheck Knieoperation konkrete Entscheidungshilfen für einzelne Therapiemaßnahmen ansehen. Die sogenannten Faktenboxen geben den aktuellen Stand der Wissenschaft über den Nutzen und die Risiken einer Therapie wieder – und zeigen auch dünne Faktenlagen auf.
(Bertelsmann Stiftung, 11.08.2014 – NPO)