Kriege und Konflikte schweißen zusammen – oder doch nicht? Britische Forscher haben dies an Protestanten und Katholiken im nordirischen Belfast überprüft. Ihr Fazit: Bedrohung und Konflikte machen Menschen keineswegs hilfsbereiter gegenüber der eigenen Gruppe. Der Volksglaube des „Zusammenschweißens“ stimmt zumindest in Bezug auf altruistisches Verhalten daher nicht, so die Forscher im Fachmagazin „Biological Sciences“
In Nordirland stehen sich Protestanten und Katholiken schon seit Jahrhunderten feindlich gegenüber. „Seit dem Karfreitagsabkommen von 1998 hat die Intensität des Konflikts zwar nachgelassen, dennoch gab es allein im Jahr 2011 mehr als 130 Bombenanschläge und Schießereien“, erklären Antonio Silva und Ruth Mace vom University College London. Bis heute sei auch die strikte Trennung zwischen Katholiken und Protestanten auffallend: Sie leben in getrennten Stadtvierteln, gehen auf jeweils eigene Schulen und es gibt nur wenige Hochzeiten zwischen Angehörigen beider Gruppen.
Test unter Realbedingungen
Das anhaltende Misstrauen und die Feindschaft zwischen den Religionsgruppen machen die Bewohner Belfasts zu einem perfekten Modell, um die Hypothese des sogenannten parochialen Altruismus zu testen. Dieser geht davon aus, dass bei Konflikten die selbstlose Hilfsbereitschaft gegenüber Angehörigen der eigenen Gruppe wächst, gegenüber Außenseitern jedoch abnimmt.

Um das zu überprüfen, führten die Forscher zunächst eine Umfrage mit 940 Menschen in 22 verschiedenen katholischen und protestantischen Stadtvierteln in Belfast durch. Sie wollten dabei vor allem wissen, wie sehr sich die Einzelnen durch die jeweils andere Gruppe bedroht fühlten und wie feindlich sie ihnen selbst gegenüber standen. Dann begann der eigentliche Test, bestehend aus zwei Experimenten. Der Clou dabei: Die Teilnehmer wussten nicht, dass sie an einem Experiment teilnahmen und worin es bestand. Dadurch ließ sich ihr Verhalten relativ unverfälscht und in einem normalen, alltäglichen Zusammenhang untersuchen.