Seuchenbekämpfung wie im Mittelalter: Der Umgang der Stadt Venedig mit der Pest im 14. Jahrhundert ist Experten zufolge ein „Paradebeispiel für Resilienzmanagement“. Für moderne Epidemien wie den aktuellen Ebola-Ausbruch in Westafrika könnten die damaligen systematischen Methoden ein lehrreiches Vorbild sein, so die Forscher. Auch mit anderen Bedrohungen wie Klimawandel und Bevölkerungswachstum ließe sich auf diese Weise reagieren.
Venedig war im 14. Jahrhundert das Zentrum vieler Handelsrouten in Mitteleuropa. Das brachte Wohlstand, förderte aber auch das Einschleppen und Verbreiten von Krankheiten. Im Jahr 1347 wurde die Stadt daher zum Epizentrum einer großen Pestepidemie. Dieser vermeintlichen Bedrohung durch Gott, Vampire oder Ähnlichem versuchten die Venezianer zunächst mit traditionellem „Risikomanagement“ wie Gebeten und Ritualen zu begegnen. Die wahren Hintergründe der Krankheit waren den Menschen noch unbekannt, von hilfreichen Gegenmaßnahmen ganz zu schweigen.
Systematisch und flächendeckend
Dann aber kam zum Einsatz, was wir heute als „Resilienzmanagement“ bezeichnen würden: Da sie die Zusammenhänge der Epidemie nicht verstanden, konzentrierten sich Behörden und Ärzte der Stadt darauf, die weitere Ausbreitung der Krankheit zu verhindern. Dazu organisierten sie systematisch und flächendeckend das gesamte Stadtleben. Sie regulierten die Bewegungen und sozialen Interaktionen der Bürger und führten in einem Überwachungssystem akribisch Buch darüber. Außerdem führten sie Lazarette mit Quarantänestationen auf nahegelegenen Inseln, Quarantänezeiten und das Tragen von Schutzkleidung ein – ebenfalls systematisch durchorganisiert.
Igor Linkov vom US Army Engineer Research and Development Center und seine Kollegen ziehen Parallelen zum aktuellen Ebola-Ausbruch in Westafrika: Im Fall von Ebola machen wirtschaftliche und kulturelle Faktoren das Risikomanagement schwierig. Viele der betroffenen Menschen misstrauen den fremden Hilfsorganisationen und verlassen sich auf ihre Medizinmänner und den verbreiteten Aberglauben. Es dauert lange, tief verwurzelte Traditionen zu verändern, die eine Ausbreitung des Ebola-Virus eindämmen könnten.