Hormon mit Langzeitfolgen: Nicht nur langfristiger Einsatz von Cortisol als Medikament, sondern auch bereits das körpereigene Hormon hat einen deutlichen schwächenden Effekt auf die Knochenstabilität. Dies zeigt eine Langzeitstudie deutscher Wissenschaftler an Kindern und Jugendlichen. Die Forscher beschreiben jedoch auch mögliche Gegenmittel: Obst und Gemüse.
Das Hormon Cortisol ist lebenswichtig: Im Körper hemmt es Entzündungsreaktionen auf äußerst effektive Weise. Aus diesem Grund ist es sehr beliebt als Medikament gegen viele Symptome, von lästigem Hautausschlag bis zur schweren chronischen Entzündung. Allerdings hat das Hormon seine Schattenseiten: Setzt man es zu lange und in zu großen Mengen in der Therapie ein, hemmt es auch den Aufbau der Knochen. So führt es langfristig zu Knochenschwund und Schäden am Skelett.
Medikament führt zu Knochenschwund
Dieser Effekt von Cortisol als Medikament ist schon seit Jahrzehnten bekannt. Welche Auswirkungen das vom Körper selbst produzierte Hormon auf das Wachstum haben kann, ist dagegen weniger erforscht. Wissenschaftler um Thomas Remer von der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn haben daher studiert, wie sich ein hoher Cortisol-Spiegel bei Kindern und Jugendlichen auf die Knochen auswirkt. An der Knochenstudie nahmen 175 gesunde Kinder und Jugendliche im Alter von sechs bis 18 Jahren teil. Im Abstand eines Jahres sammelten die Forscher zwei Urinproben. Zum Zeitpunkt der zweiten Probe untersuchten sie außerdem den Unterarm eines jeden Kindes mittels Computertomographie.
Das deutliche Ergebnis: Je mehr Cortisol und Cortisol-Umbauprodukte sie im Urin fanden, desto fragiler war im Schnitt der Unterarm-Knochen. Dabei betonen die Wissenschaftler, dass die Kinder an keinerlei Mangelerscheinungen oder anderen Krankheiten litten: „Die Mädchen und Jungen waren völlig gesund und weder zu dünn noch zu dick“, erläutert Studienleiter Remer. „Die im Urin gemessenen Cortisol-Mengen waren zwar bei manchen Teilnehmern höher als bei anderen, sie waren aber immer im normalen physiologischen Rahmen. Dennoch fanden wir bereits bei diesen natürlichen Schwankungen einen deutlichen Effekt.“
Weiteres Argument für Obst und Gemüse
Wichtig ist diese Erkenntnis vor allem, weil Knochenkrankheiten im Erwachsenenalter oft ihren Ursprung bereits in der Jugend haben. Denn wenn etwa in jungen Jahren zu wenige Mineralien in die Knochen eingebaut werden, leidet langfristig deren Stabilität. Eine mögliche Folge kann Jahrzehnte später etwa eine Osteoporose sein.
Wie also lässt sich ein hoher Cortisolspiegel vermeiden oder zumindest in Schach halten? Um diese Frage zu beantworten, wollen die Forscher nun die Bedeutung der Ernährung für das Stresshormon Cortisol und seine Wirkungen auf Knochensystem und Stoffwechsel erforschen. Frühere Studien mit Erwachsenen weisen bereits darauf hin, dass eine obst- und gemüsereiche Kost möglicherweise den Cortisolspiegel senken kann. Äpfel, Orangen, Kartoffeln oder Spinat sind demnach besonders gut für gesunde Knochen. „Wir wollen wissen, ob sich eine derartige Cortisolsenkung auch für Kinder und Jugendliche nachweisen lässt“, sagt Remer. „Das wäre ein weiteres Argument für die schon heute gültige Empfehlung, fünfmal täglich Obst oder Gemüse zu sich zu nehmen.“
(Journal of Bone and Mineral Research doi: 10.1002/jbmr.2347)
(Rheinische Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn, 22.09.2014 – AKR)