Gefährlich oder nützlich? Rohe Kuhmilch stärkt offenbar das Immunsystem von Säuglingen und schützt sie so vor Infektionskrankheiten. Andererseits gilt unbehandelte Milch gerade für Kinder als gefährlich, da sie besonders viele Krankheitserreger enthalten kann. In einer europaweiten Langzeitstudie untersuchen Wissenschaftler diesen Gegensatz. Ergebnis: Für unbedenkliche und gleichzeitig schützende Milch seien neue Verfahren bei der Milchproduktion nötig.
Über den Verzehr roher Kuhmilch wird viel gestritten – insbesondere Kinder und Schwangere sollten sie meiden, ist die verbreitete Ansicht. Der Grund: In der unbehandelten Milch leben oft zahlreiche Krankheitserreger. Gerade bei Neugeborenen mit noch unausgereiftem Immunsystem können diese zu gefährlichen Krankheiten führen. Erst das Erhitzen beim Pasteurisieren oder der Verarbeitung zu H-Milch macht die Rohmilch unbedenklich. Allerdings gibt es auch eine gegenteilige Sichtweise: Besonders auf Bauernhöfen mit Milchvieh entwickeln Kinder weniger Allergien, gerade die Inhaltsstoffe roher Milch sollen das Immunsystem fördern und so im späteren Leben vor Krankheiten schützen.
Weniger Schnupfen, Fieber und Mittelohrentzündungen
Diesen Gegensatz untersuchen Wissenschaftler um Georg Loss von der Ludwig-Maximilians-Universität München in einer europaweiten Langzeitstudie. Rund 1.000 Mütter aus ländlichen Regionen in Bayern, Finnland, Frankreich, der Schweiz und Österreich nehmen an der Studie teil, etwa die Hälfte von ihnen lebt auf Bauernhöfen. Die Teilnehmerinnen hielten Ernährung und Gesundheit ihres Kindes bis zum ersten Lebensjahr wöchentlich fest.
Erstautor Loss fasst die Ergebnisse zusammen: „Kinder, die unbehandelte Kuhmilch tranken, hatten ein deutlich niedrigeres Risiko für Schnupfen, Atemwegsinfekte, Fieber und Mittelohrentzündungen als Kinder, die kommerziell hocherhitzte Milch tranken.“ Das Risiko, an Atemwegsinfektionen zu erkranken, sank den Ergebnissen zufolge um rund 30 Prozent. Bei zuvor erwärmter Milch war dieser Effekt etwas schwächer ausgeprägt.