Der frühe Affe bekommt die Frucht: Schimpansen wissen sehr wohl, wie sie unliebsamer Konkurrenz ein Schnippchen schlagen können. Werden an einem Baum die begehrten Feigen reif, stehen sie besonders früh auf, um die ersten am fruchtigen Frühstücksbuffet zu sein. Notfalls verlegen sie sogar ihren Schlafnester in die Nähe. Das bestätigt, dass unsere nächsten Verwandten durchaus gezielt vorausplanen können, wie Forscher im Fachmagazin „Proceedings of the National Academy of Sciences“ berichten.
Tropische Früchte enthalten viel Zucker und Vitamine, sie sind daher eine wertvolle Nahrungsressource. Aber nicht alle Früchte sind bei nahrungssuchenden Tieren gleichermaßen beliebt. Einige Obstbäume werden schneller geplündert oder tragen kürzere Zeit Früchte als andere. Besonders hoch im Kurs stehen bei Schimpansen und vielen anderen Waldbewohnern Feigen. Sie gehen schnell vom unreifen in den süßen Zustand über und sind deshalb vergleichsweise plötzlich attraktiv.
Ob die Menschenaffen ihr Verhalten gezielt und vorausschauend anpassen, um sich die süßen Feigen zu sichern, bevor andere sie ihnen wegfressen oder sie die Reifezeit verpassen, haben Forscher vom Max-Planck-Institut für evolutionäre Anthropologie in Leipzig nun untersucht. Für ihre Studie verfolgten die Biologen im westafrikanischen Taï-Nationalpark an der Elfenbeinküste das Verhalten von fünf weiblichen Schimpansen über 275 Tage hinweg. Karline Janmaat und ihre Kollegen dokumentierten, wo die Tiere die Nacht verbrachten und woher sie sich wann ihre Nahrung beschafften.
Früh aufstehen für die Feigenernte
Dabei zeigte sich Erstaunliches: Gab in einem Gebiet Feigenbäume, die kurz vor der Fruchtreife standen, passte die Schimpansen ihr Verhalten daran an: War zu erwarten, dass ein Baum morgens reife Früchte bieten würde, verließen sie ihre Schlafnester morgens besonders früh, teilweise sogar noch in der Dunkelheit, um rechtzeitig am „Frühstücks-Buffet“ anzukommen. Dabei gingen sie umso früher los, je weiter der Feigenbaum von ihren Schlafnestern entfernt lag.