Neurobiologie

Warum haben nicht alle Klarträume?

Größeres Hirnareal für Selbstreflexion zeichnet bewusste Träumer aus

Manche Menschen wissen, dass sie träumen, und können ihre Träume beeinflussen. © clipdealer

Wie kann ich wissen, dass ich gerade träume? Die Fähigkeit zum Klarträumen hängt offenbar direkt mit dem Nachdenken über das eigene Denken zusammen: Der für die sogenannte Metakognition verantwortliche Hirnbereich ist bei Klarträumern größer als bei anderen Menschen, haben Wissenschaftler herausgefunden. Klarträumer können deshalb möglicherweise auch im Alltag ihr eigenes Denken besser reflektieren, vermuten die Forscher im „Journal of Neuroscience“.

Manche Menschen sind sich während des Schlafens bewusst, dass sie gerade träumen. Bei diesem sogenannten Klarträumen kann der Schlafende den Traum manchmal sogar selbst mitgestalten. Die meisten Klarträumer erleben dieses Phänomen aber nicht mehr als ein paar Mal im Jahr und nur sehr wenige fast täglich. Andere Menschen wiederum erleben dieses Phänomen nur extrem selten oder sogar überhaupt nicht. Dabei ist bekannt, dass spezifische Hirnregionen für das Klarträumen verantwortlich sind, die sich sogar künstlich dazu anregen lassen. Doch wie kommt es, dass die einen klarträumen und die anderen nicht? Hat dies etwas mit der menschlichen Fähigkeit zu tun, über das eigene Denken nachdenken zu können – der sogenannten Metakognition?

Vorderes Stirnhirn ermöglicht Klarträume

Obwohl diese Verbindung naheliegt, war bisher unklar, ob Klartraum und Metakognition tatsächlich miteinander zusammenhängen. Hirnforscher um Elisa Filevich vom Max-Planck-Institut für Bildungsforschung in Berlin haben darum im Gehirn nach einem solchen Zusammenhang gesucht. Dazu verglichen sie mit Hilfe der Magnetresonanztomographie (MRT) die Hirnstrukturen von 31 Probanden, die häufig klarträumen, mit denen von 31 Probanden, die nicht oder nur selten klarträumen.

Bei Klarträumern ist das vordere Stirnhirn größer, welches auch für die Metakognition eine wichtige Rolle spielt. © MPIB

Es zeigte sich, dass bei Klarträumern ein bestimmter Bereich im Gehirn tatsächlich größer ist: Der anteriore präfrontale Kortex, auch vorderes Stirnhirn genannt, steuert als Kontrollinstanz bewusste, kognitive Prozesse. Derselbe Bereich der Hirnrinde spielt auch für die Metakognition eine wichtige Rolle. Die Unterschiede zwischen Klarträumern und Nicht-Klarträumern in der Größe dieses Bereichs deuten darauf hin, dass Klarträumen und Metakognition tatsächlich miteinander zusammenhängen.

Bessere Metakognition auch im Wachzustand

Dafür sprechen auch Tests, bei denen die Probanden im Wachzustand Aufgaben lösen sollten, die den Grad ihrer Selbstreflektion anzeigen. Die währenddessen erstellten Hirnbilder zeigen, dass die Aktivität im Stirnhirn bei den Klarträumern höher war. „Das Ergebnis unserer Studie lässt vermuten, dass Menschen, die ihre Träume kontrollieren können, auch in ihrem Alltag besonders gut über ihr eigenes Denken nachdenken können“, fasst Filevich zusammen.

Doch lässt sich das Klarträumen auch erlernen, wie verschiedenste Tipps in Blogs und Internetforen nahelegen? „Als nächstes interessiert uns, ob sich metakognitive Fähigkeiten trainieren lassen“, sagt Filevich. Dazu wollen die Forscher in einer nächsten Studie Probanden im luziden Träumen trainieren, um zu untersuchen, ob das Training die Metakognition positiv beeinflusst. (The Journal of Neuroscience, 2015; doi: 10.1523/JNEUROSCI.3342-14.2015)

(Max-Planck-Institut für Bildungsforschung, 22.01.2015 – AKR)

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