Überraschung beim Schulexperiment: Forscher haben herausgefunden, warum die Reaktion von Natrium mit Wasser so heftig verläuft. Beim Eintauchen ins Wasser schießen winzige Stacheln aus dem Alkalimetall heraus, die die Oberfläche vergrößern und die explosive Reaktion noch anheizen. Sie verhindern zudem, dass das entstehenden Gas eine Barriere zwischen den Reaktionspartnern bildet, so die Forscher im Fachmagazin „Nature Chemistry“.
Dieses Experiment hat wahrscheinlich fast jeder von uns schon im Chemie-Unterricht vorgeführt bekommen: Wirft man ein kleines Stück Natrium oder Kalium in einen Wasserbehälter, ist eine explosive Reaktion die Folge: Es sprudelt heftig, das Metallstück beginnt zu brennen und in einigen Fällen explodiert es sogar.
„Entzündet sich der dabei produzierte Wasserstoff, dann kann die Natrium-Wasser-Reaktion mehr Energie freisetzen als eine vergleichbare Menge TNT“, erklären Philip Mason von der Tschechischen Akademie der Wissenschaften in Prag und seine Kollegen. Der Grund für dieses Schauspiel ist die starke Reaktion der Alkalimetalle mit Wasser, bei der das Natrium Elektronen abgibt und im Wasser dabei Hydroxid und Wasserstoff entstehen.
Warum stoppt die Reaktion nicht?
Doch so bekannt und millionenfach durchgeführt diese Reaktion auch ist, sie birgt noch immer ungelöste Fragen. Denn eigentlich müsste die Reaktion sich quasi selbst beenden: Ist erstmal eine erste Schicht Dampf und Wasserstoff zwischen Metall und Wasser entstanden, dann müsste sie eine Barriere bilden, die den Kontakt vom Natrium zum Wasser abschneidet und damit auch die Reaktion unterbindet.
Aber genau das scheint nicht zu passieren. Um den Grund dafür aufzuklären, haben Mason und seine Kollegen nun diese Reaktion mit Hilfe einer hochauflösenden Hochgeschwindigkeits-Kamera gefilmt. Dafür gaben sie einen Tropfen eines Natrium-Kalium-Gemisches in Wasser und filmten, was in den ersten Millisekunden passierte.
Superschnelle Metallstacheln
Die Aufnahmen zeigten Überraschendes: Etwa 0,35 Millisekunden nachdem der Alkali-Tropfen die Wasseroberfläche berührt hatte, schossen plötzlich Metallstacheln aus dem Tropfen heraus. „Dieser Prozess passiert mit einer Beschleunigung in der Größenordnung von 10.000 Metern pro Sekunde im Quadrat“, berichten die Forscher.
Diese Alkalimetall-Spikes bilden sich so schnell, dass sie das das an der Grenzfläche von Metall und Wasser entstehende Gas quasi überholen. Sie durchbohren so die Dampf- und Gasbarriere, die normalerweise die Reaktion abdämpfen würde und vergrößern gleichzeitig die Oberfläche des Alkalimetalls, wie Mason und seine Kollegen erklären. Damit sorgt dieser Schritt entscheidend dafür, dass die Reaktion der Alkalimetalle so explosiv verlaufen kann.
Abstoßung als Antrieb
Was aber macht die Metallstacheln so rasend schnell? Auch das haben die Forscher untersucht, indem sie die Molekulardynamik des Geschehens in einer Simulation nachbildeten. Dabei versenkten sie einen virtuellen Klumpen aus 19 Natriumatomen in Wasser und beobachteten, was auf atomarer Ebene geschieht.
Wie sich zeigte, erzeugt der Übergang der Außenelektronen von den Metallatomen auf das Wasser fast sofort nach dem Eintauchen eine starke positive Ladung der verbleibenden Atomreste. Dadurch aber stoßen sich diese nun stark ab – das Metall explodiert förmlich zu einer Wolke aus auseinanderrasenden Ionen. Diese Coulomb-Explosion ist es, die die Stacheln aus dem Alkalimetall herauskatapultiert und so die Reaktion in Gang hält. (Nature Chemistry, 2015; doi: 10.1038/nchem.2161)
(Nature, 27.01.2015 – NPO)