Überstürzte Abkürzung: Erneut warnen Wissenschaftler vor einem vorschnellen Bau des Nicaragua-Kanals. Die Strecke bedroht nicht nur das einzigartige Ökosystem des Nicaraguasees, sondern bringt auch dessen Anwohner in Gefahr. Außerdem riskiere die Regierung eine der wichtigsten Wasserquellen des Landes sowie wichtige Einnahmen aus dem Tourismus. Ausführlichere wissenschaftliche Analysen seien dringend nötig, bevor der Nutzen für Nicaragua die Risiken übersteige, warnen die Forscher im Magazin „Environmental Science and Technology“.
Vom Atlantik in den Pazifik gibt es für Schiffe derzeit nur eine Route, die den tausende von Kilometer langen Umweg um Südamerika vermeidet: Der Panamakanal ist der einzige schiffbare Durchstich durch die Landenge von Mittelamerika und eine der wichtigsten und am meisten befahrenen Wasserstraßen der Welt. Nachteil der 1914 eröffneten Abkürzung sind darum manchmal tagelange Wartezeiten an den Schleusen. Die Durchfahrt kostet außerdem hohe Gebühren, und nach heutigen Maßstäben passen bestenfalls mittelgroße Frachtschiffe durch den Kanal.
Abkürzung durch den Nicaraguasee
Gleich zwei konkurrierende Projekt wollen dieses Problem lösen: Der bereits begonnene Ausbau des Panamakanals und eine Ausweichroute – ein Kanal durch Nicaragua. Eine Investorengruppe aus Hongkong erhielt von der nicaraguanischen Regierung die Konzession, Baubeginn war offiziell am 2. Dezember 2014. Ab 2020 wollen die Nicaragua und die Hong Kong Nicaragua Canal Development Group den Kanal gemeinsam betreiben.
Große Bedenken gegen den Bau fassen nun erneut insgesamt 21 Wissenschaftler aus 18 verschiedenen nord-, mittel- und südamerikanischen Instituten zusammen: Rund ein Drittel der Kanalstrecke soll durch den Nicaraguasee verlaufen, um einiges an Bauarbeiten zu sparen. Mit durchschnittlich 15 Metern ist der See aber nicht tief genug. Für den Kanal soll deshalb eine Fahrrinne mit fast 30 Metern Tiefe durch den südlichen Teil des Sees ausgebaggert werden.