Überraschender Trend: Die Gezeiten steigen nicht einfach mit dem Meeresspiegel – sie werden auch extremer. Weltweit steigt die Flut an den meisten Orten zwar höher an, bei Ebbe fällt das Meer dafür aber niedriger ab als noch vor hundert Jahren, wie britische Wissenschaftler herausgefunden haben. Der Mechanismus hinter dieser Veränderung ist noch unklar, könnte aber durchaus weitreichende Folgen haben, meinen die Forscher.
Der Meeresspiegel steigt auf der ganzen Welt immer schneller an – diese Folge des Klimawandels steht mittlerweile fest. Auf das Zusammenspiel von Ebbe und Flut, so die bisher verbreitete Annahme, sollte sich dieser Anstieg jedoch kaum auswirken. Es liegt schließlich nahe, dass die mittleren Wasserstände von Hoch- und Niedrigwasser sich einfach zusammen mit dem Meeresspiegel heben. Doch ist das wirklich so?
Robert Mawdsley von der University of Southampton hat sich zusammen mit seinen Kollegen einen größeren Datensatz daraufhin angeschaut. Den Wissenschaftlern lagen insgesamt 220 Berichte über die Höhe des Meeresspiegels vor, von über die ganze Welt verteilten Punkten und über einen Zeitraum von vor 30 bis vor 150 Jahren. Aus diesen Aufzeichnungen isolierten sie die zentralen Daten der Gezeiten: Hoch- und Niedrigwasser sowie die Spanne dazwischen, den Tidenhub.
Höheres Hochwasser, niedrigeres Niedrigwasser
An vielen Orten der Welt, von Calais in Frankreich bis nach Manila auf den Philippinen, fanden die Forscher in der Tat, dass der Hochwasserstand seit 150 Jahren um mehr als einen Millimeter pro Jahr angestiegen ist. In Calais waren es sogar bis zu 6,1 Millimeter pro Jahr und damit sogar mehr als der durchschnittliche Anstieg des Meeresspiegels, wie die Forscher berichten. Zwar sank das mittlere Hochwasser an manchen Stellen auch, aber weltweit überwiegen die Messpunkte, an denen sich die Flut verstärkt hat.