Spannender Effekt: Ob wir Deutsch oder Englisch sprechen, beeinflusst, wie wir unsere Umwelt sehen. Im Deutschen fokussieren wir eher auf das Ziel einer Handlung, im Englischen dagegen auf den Verlauf der Handlung selbst, wie ein Experiment belegt. Dieser Effekt zeigt sich sogar bei Zweisprachigen: Sie reagieren anders, ja nachdem, in welcher Sprache sie gerade denken und reden.
Sprache spielt eine wichtige Rolle dafür, wie wir unsere Umwelt wahrnehmen: Sie hilft uns dabei, Dinge zu kategorisieren, beeinflusst aber gleichzeitig auch, wie wir dies tun. Existiert beispielsweise für eine Farbnuance kein Wort, dann nehmen wir diese auch nicht bewusst als eigenen Farbton wahr. Sogar moralische Entscheidungen werden durch Sprache beeinflusst: Wenn wir ein moralisches Dilemma in einer Fremdsprache präsentiert bekommen, sind wir eher bereit, einen Menschen für das Gemeinwohl zu opfern als in unserer eigenen Sprache.
Die Sache mit der Verlaufsform
Panos Athanasopoulos von der Lancaster University in England und seine Kollegen wollten nun wissen, ob wir je nach Sprache auch Alltagsszenen anders wahrnehmen. Dafür verglichen sie deutsche, in Deutschland lebende Muttersprachler mit in Großbritannien lebenden englischen Muttersprachlern sowie zweisprachige Teilnehmer in beiden Ländern.
Der Grund dahinter: Im Englischen existiert eine explizite Verlaufsform des Verbs, die deutlich macht, dass etwas gerade dabei ist, zu geschehen. Meist wird durch das Anhängen der Endung „-ing“ erreicht: „I was walking down the street“. Im Deutschen und einigen anderen Sprachen gibt es eine solche Verbform jedoch nicht. „Deshalb neigen Sprecher dieser Sprache dazu, Endpunkte und Zeitangaben einer Handlung zu erwähnen, um die Abfolge klar zu machen“, erklärt Athanasopoulos.