Mikrobiologie

Methanquellen: Oasen in der Tiefsee

Austretendes Methan versorgt große Vielfalt hochspezialisierter Mikroorganismen

Große Artenvielfalt in der Tiefsee: Die mikroskopischen Aufnahmen zeigen verschiedene Mikroorganismen, die an Methanquellen leben. © Katrin Knittel/Emil Ruff, MPI Marine Mikrobiologie, Bremen

Bakterien setzen auf Erdgas: Methanquellen am Meeresgrund sind einzigartige Ökosysteme hochspezialisierter Mikroorganismen. Wie stark sich diese von anderen Lebensräumen unterscheiden, zeigt nun der Vergleich eines internationalen Forscherteams. Viele der methan-oxidierendend Mikroorganismen kommen ausschließlich an den jeweiligen Quellen vor. Die Methanquellen sind daher „Hotspots der Biodiversität“, schreiben die Forscher in den „Proceedings of the National Academy of Sciences“.

Natürliche Methanquellen kommen weltweit an vielen Stellen des Meeresbodens an den Kontinentalrändern vor. Das Gas entsteht durch Zersetzungsprozesse in den tiefen sauerstofffreien Schichten des Sediments, bahnt sich seinen Weg nach oben und tritt dann aus. Das Gas sprudelt jedoch nicht einfach hervor und steigt an die Oberfläche: Spezialisierte Mikroorganismen nutzen das potenzielle Treibhausgas zur Energiegewinnung. Diese Methanoxidierer verbrauchen etwa drei Viertel des austretenden Methans – rund 60 Millionen Tonnen Kohlenstoff pro Jahr.

Methan-Oasen in der Tiefsee-Wüste

Wie komplex die Ökosysteme dieser Spezialisten um die Methanquellen sind, haben Wissenschaftler um Emil Ruff vom Max-Planck-Institut für Marine Mikrobiologie in Bremen nun an verschiedenen Standorten weltweit untersucht. Die Forscher verglichen die Zusammensetzung und relative Häufigkeit von Archaeen und Bakterien an 23 Methanquellen auf der ganzen Welt mit 54 anderen marinen Ökosystemen, darunter schwarze Raucher sowie Küsten- und Tiefseesedimente. Mittels DNA-Sequenzierung und mathematischen Algorithmen werteten die Forscher das aus Proben vom Meeresboden gewonnene Erbgut dieser Organismen aus.

Das Ergebnis zeigte eine beachtliche Vielfalt: „Fast alle Großgruppen der Archaeen und Bakterien waren an allen untersuchten Standorten vorhanden“, fasst Ruff zusammen. Die Methanquellen unterschieden sich dabei deutlich von den anderen untersuchten Standorten. Das Methan unterscheidet sich als Energiequelle gänzlich von denen des umliegenden Meeresbodens. Wie Oasen in der Wüste ziehen die Methanquellen daher spezialisierte Mikroorganismen an, wie die anaeroben methanoxidierenden Archaeen und sulfatreduzierende Bakterien.

„Hotspots der Biodiversität“

„Es war überraschend, dass methanotrophe Mikroorganismen aus Methanquellen, die tausende Kilometer voneinander entfernt in verschiedenen Ozeanen liegen, so eng miteinander verwandt sind“, so Ruff weiter. Viele der Mikroorganismen vertragen nämlich keinen Sauerstoff und sind auf das austretende Methan angewiesen. „Daher ist es ein Rätsel, wie sie die großen Entfernungen zwischen den Methanquellen unbeschadet überwinden.“

Allerdings waren die einzelnen Methanquellen keinesfalls alle mit genau denselben Organismen besiedelt – im Gegenteil. Die eng verwandten Gruppen spalteten sich offenbar an jedem Standort in eigene, spezifische Arten auf. „Auf Ebene der einzelnen Arten, also den kleinsten Zweigen des Stammbaums, fanden wir Lebensgemeinschaften, die für jedes Ökosystem charakteristisch sind und eine ganz bestimmte Aufgabe haben“, führt Ruff aus. Die Forscher sprechen von lokal begrenzten „Hotspots der Biodiversität“, die einen wichtigen Beitrag zur Artenvielfalt in der Tiefsee leisten. (PNAS, 2015; doi: 10.1073/pnas.1421865112)

(Max-Planck-Institut für marine Mikrobiologie, 18.03.2015 – AKR)

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