Doppelte Funktion: Bisher war unklar, warum ein bestimmtes Molekül bei MS-Patienten einerseits die Schübe fördert, andererseits aber auch bei erfolgreicher Medikation vermehrt im Blut auftritt. Würzburger Forscher haben diesen scheinbaren Widerspruch nun gelöst. Es kommt demnach darauf an, wo im Körper das Molekül freigesetzt wird. Nur wenn es fernab des Gehirns geschieht, beispielsweise dort, wo das Medikament gespritzt wird, hilft dies, die Überreaktion des Immunsystems zu hemmen.
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Über zwei Millionen Menschen weltweit leiden an Multipler Sklerose (MS). Bei dieser chronisch-entzündlichen Autoimmunerkrankung des Gehirns und Rückenmarks greift das Immunsystem die Myelinhülle der Nerven an und löst Entzündungsherde im Gehirn aus. Möglich wird dies, weil die Blut-Hirn-Schranke bei einem akuten MS-Schub plötzlich durchlässiger wird und so massenhaft Immunzellen aus dem Blut ins Gehirn eindringen können.
Hauptbestandteil der Blut-Hirn-Schranke sind hoch spezialisierte Zellen, die die Gefäßwände von innen tapetenartig auskleiden – sogenannte Endothelzellen. Über Oberflächen-Moleküle und Botenstoffe kontrollieren sie den Austritt von Immunzellen aus dem Blutstrom ins Hirngewebe. Dockt jedoch eine Immunzelle mit ihrem sogenannten Integrin alpha-4/beta-1-Rezeptor an ein bestimmtes Molekül an der Oberfläche der Endothelzellen an, das VCAM-1, dann wird die Schranke durchlässig.