Diagnose nach 200 Jahren: Infektionen mit gleich mehreren Stämmen des Tuberkulose-Erregers kamen früher offenbar häufig vor, ganz im Gegensatz zu heutiger Zeit. Dies zeigen genetische Untersuchungen, die ein internationales Forscherteam an mumifizierten Leichen aus Ungarn durchgeführt hat. Die gefundenen Tuberkulose-Stämme zeigen nicht nur ein Abbild der damaligen Seuche – sie liefern auch Hinweise, wie sich die Krankheit bis heute ausgebreitet hat, schreiben die Wissenschaftler im Magazin „Nature Communications“.
Tuberkulose war in Mitteleuropa einst eine gefürchtete Krankheit – sie begleitet den Menschen aber schon seit Urzeiten. Mittlerweile ist sie zumindest bei uns nicht mehr die tödliche Seuche, die sie noch zum Ende des 18. Jahrhunderts war. Weltweit gehört sie jedoch noch immer zu den unbesiegten Krankheiten: Jährlich sterben noch über eine Million Menschen an Tuberkulose.
Tuberkulose in mumifizierten Leichen
Heutzutage infizieren sich Tuberkulose-Patienten normalerweise nur mit einem einzigen Stamm des Erregers. Das ist oft ein Bakterienstamm, der gegen die gängigen Antibiotika resistent ist. Doch das war nicht immer so, im Gegenteil: Infektionen mit gleich mehreren Tuberkulose-Stämmen waren früher sehr verbreitet, haben Wissenschaftler um Mark Pallen von der englischen Universität Warwick herausgefunden.
Die Forscher untersuchten insgesamt 26 mumifizierte Leichen aus der Gruft der dominikanischen Kirche im ungarischen Vác. Historischen Aufzeichnungen zufolge starben die dort bestatteten Menschen zwischen 1745 und 1808. Die Wissenschaftler isolierten genetisches Material aus den Mumien und untersuchten es in einem „metagenomischen“ Ansatz. Dabei verzichteten sie darauf, zunächst eventuell vorhandene Bakterien zu vermehren oder gezielt die DNA von Tuberkulose-Erregern zu isolieren. Stattdessen sequenzierten sie einen großen Teil des insgesamt vorhandenen Materials und suchten dann darin nach typischen Tuberkulose-Sequenzen.