Nachtfrost im Juli
In Mitteleuropa gab es durch diesen vulkanischen Winter schwerste Unwetter und Überschwemmungen, In Nordamerika gab es stellenweise sogar Nachtfrost und Schnee in den Sommermonaten Juli und August. Auf Missernten folgten Hungersnöte, die in Europa geschätzte weitere 200.000 Tote forderten. Tausende Menschen versuchten der Not durch Emigration zu entfliehen, in einigen Regionen brachen Unruhen und Aufstände aus.
Welche Folgen ein so gewaltiger Vulkanausbruch heutzutage hätte, ist Gegenstand vieler Diskussionen. Es leben heute viel mehr Menschen auf der Erde, die Bevölkerungsdichte ist höher – daher könnten auch viel mehr Menschen von einem Ausbruch betroffen sein. „Eine Eruption dieser Größe hätte sicher weitreichende Effekte auf den Luftverkehr, wie auch auf die atmosphärische Zirkulation rund um den Globus“, meint der Vulkanforscher Stephen Self von der University of California in Berkeley, „daher wüssten wir natürlich gerne, wann der nächste große Ausbruch kommt.“
Spärliche Informationen aus früheren Ereignissen
Solche Vorhersagen stützen sich allein auf den Vergleich mit früheren Ereignissen. Die Aschewolke des Eyjafjallajökull etwa enthielt nicht so viel Schwefelgase und gelangte auch nicht hoch genug in die Atmosphäre, um weitreichend messbare Klimaveränderungen zu bewirken – dennoch fiel der wirtschaftliche Schaden enorm aus. Ein einzelner Vulkanausbruch machte schlagartig deutlich, wie wichtig und gleichzeitig verwundbar der Luftverkehr in unserer heutigen Gesellschaft ist.

Blick vom Rand in die Caldera des Tambora. © Katie Preece
Der Eyjafjallajökull erreichte 2010 jedoch gerade einmal die VEI-Stärke 4. Um vergleichbare oder sogar stärkere Ausbrüche als die Tambora-Explosion zu finden, muss man weit in die Vergangenheit gehen: Die letzte Eruption, der Forscher ebenfalls eine VEI Stärke von 7 zuordnen, war der Ausbruch des Neuseeländischen Taupo. Andere bekannte Katastrophen von globalem Ausmaß waren die Toba-Eruption vor über 70.000 Jahren und der letzte Ausbruch des Yellowstone-Supervulkans vor rund 640.000 Jahren.
Große Eruptionen fehlen in Aufzeichnungen
Weil diese gewaltigen Ausbrüche so weit in der Vergangenheit liegen, sind sie nur schwer zu untersuchen. Da sie so selten sind, existieren bislang auch nur wenige Daten darüber. Allerdings gab es dem Vulkanologen Self zufolge wesentlich mehr große Vulkanausbrüche, als wir bislang wissen: „Selbst in einem Land mit gut studierten Vulkanen, wie Japan, fehlen mindestens 40 Prozent der großen Eruptionen in den Aufzeichnungen.“ Self plädiert darum für einen systematischen Katalog vulkanischer Ereignisse, die sich aus Asche- und Schwefelablagerungen ableiten lassen: „Wir wissen, dass sich darin große Eruptionen verbergen, über die wir noch nichts wissen.“
Es sei daher höchste Zeit, alle verfügbaren Informationsquellen wie Eisbohrkerne, ozeanische Sedimente und vulkanische Gesteinsproben systematisch zu analysieren, „damit wir eine bessere Chance haben mögliche Gefahren in der Zukunft zu verstehen“, so Self. „Wir können einen Ausbruch nicht stoppen, aber wir können uns auf den unmittelbaren Einfluss der Asche auf den Flugverkehr und den verzögerten Effekt der Sulfatpartikel auf Ernten und Pflanzen vorbereiten.“ (Nature Geoscience, 2015; doi: 10.1038/ngeo2403)
(University of California – Berkeley, 10.04.2015 – AKR)
10. April 2015