Technik

Erst Tippen, dann Krabbeln

Schon sechs Monate alte Babys nutzen heute Smartphones oder Tablets

Kleinkind mit Tablet - heute keine Seltenheit mehr © Pojoslaw/ iStock.com

Digitale Kindheit: Mehr als ein Drittel aller Babys wischt und tippt heute schon auf Handys und Tablet herum, bevor sie zu sprechen oder laufen lernen. Mit zwei Jahren nutzt bereits ein Großteil der Kleinkinder digitale Medien – teilweise mehr als eine Stunde am Tag, wie eine US-Studie belegt. Bei Experten weckt dies eher Besorgnis, denn erste Studien sprechen eher für negative Effekte der frühkindlichen Berieselung.

Ob Handy, PC oder Tablet – digitale Medien gehören bei den meisten von uns längst zum Alltag. Das bleibt allerdings nicht ohne Folgen, wie Studien zeigen. So verändert die ständige Ablenkung unser Gehirn, bei Jugendlichen kann die Nutzung von Tablet und Co vor dem Schlafengehen zu Schlafdefiziten führen und wenn schon die Kleinsten zu viel Telebubbies und Co auf dem Tablet oder Fernseher schauen, dann ist dies ihrem Sozialverhalten nicht gerade förderlich.

Dennoch tut dies der Beliebtheit der digitalen Medien auch im Kinderzimmer keinen Abbruch, wie nun eine Studie bestätigt. Ganz im Gegenteil. Schon die Kleinsten kommen heute mit der neuesten Unterhaltungstechnologien in Kontakt, wie Hilda Kabali vom Einstein Medical Center in Philadelphia und ihre Kollegen nun bei der Jahrestagung der Pediatric Academic Societies berichten.

Für ihre Studie hatten die Forscher die Eltern von 900 Kindern im Alter von sechs Monaten bis vier Jahren befragt. Sie sollten angeben, welche und wie viele Geräte es in ihrem Haushalt gibt, welche Geräte die Kinder bereits nutzen und wofür – ob für Spiele, zum Videoschauen oder andere Aktivitäten.

Wischen und Tippen schon vor dem Sprechen

Das Ergebnis überraschte selbst die Forscher: Schon im ersten Lebensjahr hatten viele Kleinkinder regelmäßig Umgang mit Mediengeräten, viele von ihnen lernten auf Tablets und Smartphones herumzutippen, bevor sie sprechen konnten. 52 Prozent der Unter-Einjährigen hatte bereits Fernseh-Shows gesehen, 36 schon einen Touchscreen benutzt. 15 Prozent der Kinder nutzten schon Apps und 12 Prozent spielten Videospiele.

„Wir haben nicht erwartet, dass die Kinder schon mit einem halben Jahr anfangen, solche Geräte zu nutzen“, sagt Kabali. „Einige der Kinder waren da schon bis zu 30 Minuten am Tag damit beschäftigt.“ Mit zwei Jahren gehörten Tablet und Co selbst für die Krabbelkinder bereits zum Alltag. Jedes siebte Kleinkind nutzte mobile Geräte bereits mehr als eine Stunde am Tag, wie die Forscher berichten.

Empfehlung: Keine Geräte unter zwei Jahren

Welche Folgen die so frühe Nutzung von digitalen Geräten auf das Verhalten und die Hirnentwicklung von Kleinkindern hat, ist bisher weitgehend unbekannt. Studien gibt es bisher nur zum Fernsehkonsum – und hier überwiegen klar die negativen Auswirkungen. Ob auch spezielle Spiele für Kleinkinder ähnlich schädlich sind oder ob sie vielleicht doch auch das Lernen und die Neugier anregen können, ist strittig.

Viele Kinderärzte und Fachorganisationen, darunter auch die American Academy of Pediatrics, empfehlen deshalb, Kindern unter zwei Jahren weder Fernsehen, noch Tablets oder andere mobile Geräte zu geben. Denn in diesem Alter ist das Lernen durch direkte Interaktion mit den Eltern und anderen Menschen besonders wichtig. (Pediatric Academic Societies Annual Meeting, 2015; Abstract des Vortrags)

(American Academy of Pediatrics, 27.04.2015 – NPO)

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