Von wegen egoistisch: Schon dreijährige Kinder sind überraschend fürsorglich und fair. Sie geben Verlorenes dem Eigentümer zurück und hindern sogar andere daran, etwas zu klauen, wie ein Experiment nun belegt. Es wiederlegt damit bisherige Annahmen, nach denen Kinder dieses Alters noch zu unreif sind, um einen ausgeprägten Gerechtigkeitssinn zu entwickeln. Die Studie zeigt aber auch, dass Strafe bei Vorschulkindern weniger effektiv ist als an ihre Empathie zu appellieren.
Wir Menschen besitzen einen ausgeprägten Sinn für Fairness und Gerechtigkeit – auch wenn wir nicht immer danach handeln. Wann sich dieser Gerechtigkeitssinn aber voll entwickelt, darüber gibt es bisher widersprüchliche Ergebnisse. So haben nach einigen Studien schon Fünfjährige einen Sinn für faires Teilen, vielleicht sogar schon Kleinkinder mit 15 Monaten. Andere Experimente deuten dagegen auf ein ein noch zu unreifes Gehirn für völlige Fairness hin.
Diebstahl unter Handpuppen
Katrin Riedl vom Max-Planck-Institut für evolutionäre Anthropologie in Leipzig und ihre Kollegen haben nun einen speziellen Aspekt des Gerechtigkeitssinns bei Kindern untersucht: Wie sehr sich diese für ein Opfer unfairen Handelns einsetzen oder den Täter bestrafen wollen. „Die Sorge um andere scheint ein Hauptbestandteil des menschlichen Gerechtigkeitssinns zu sein“, erklärt Koautor Keith Jensen von der University of Manchester. „Die Gerechtigkeit Opfern gegenüber und die Bestrafung der Täter sind möglicherweise auch für das einzigartige Sozialverhalten des Menschen von zentraler Bedeutung.“
Für ihre Studie beteiligten sie Drei- und Fünfjährige an einem Puppenspiel. Dabei sahen die kleinen Probanden, wie eine Handpuppe einer anderen einen Gegenstand wegnahm. Nun konnten sie entscheiden, ob sie dem Dieb das Gestohlene wieder wegnehmen und es dem rechtmäßigen Besitzer wiedergeben wollten oder ob sie stattdessen nur den Täter bestrafen wollten.