Es liegt nicht an den Hormonen: Zusätzlich verabreichtes Testosteron hilft Männern nicht bei Ejakulationsproblemen. In einer klinischen Studie fanden US-Forscher keine relevante Verbesserung. Sie vermuten daher andere Ursachen als eine zu geringe Produktion von Testosteron. Die Hormontherapie ist allerdings noch nicht völlig abgeschrieben: Möglicherweise spricht nicht jeder Mann sofort darauf an.
Probleme mit der Ejakulation haben Schätzungen zufolge ein bis zwei von zehn Männern. Bei solchen Störungen handelt es sich um ein anderes medizinisches Problem als die erektile Dysfunktion, also Erektionsstörungen. Bei Ejakulationsstörungen bleibt die Ejakulation entweder völlig aus, oder sie erfolgt mit zu niedrigem Volumen, zu wenig Kraft oder zu spät. Obwohl es sich um ein so verbreitetes Problem handelt, ist diese Störung bislang nur wenig erforscht. Daher gibt es auch noch keine zugelassene Therapie.
Ursache: Testosteronmangel?
Die Annahme liegt nahe, dass eine zu geringe Produktion des männlichen Geschlechtshormons Testosteron für die Ejakulationsprobleme verantwortlich sein könnte. Aus diesem Grund haben Wissenschaftler um Darius Paduch vom Weill Cornell Medical College in New York überprüft, ob zusätzliches Testosteron diese Probleme behebt.
In einer klinischen Studie behandelten sie 76 Männer mit Erektionsstörungen mit einer 2-prozentigen Testosteron-Lösung auf der Haut oder mit einem Placebo. Alle Teilnehmer waren älter als 26 Jahre und hatten Testosteron-Werte von weniger als dreihundert Nanogramm pro Deciliter im Blut. Als normal gelten Werte zwischen 300 und 1.000 Nanogramm pro Deciliter. 16 Wochen lang überprüften die Forscher regelmäßig die Testosteronwerte, untersuchten Spermaproben und bewerteten die sexuelle Leistungsfähigkeit und Zufriedenheit der Probanden anhand von Fragebögen.
Keine Verbesserung gegenüber dem Placebo
Die Männer, die Testosteron erhielten, hatten den Fragebögen zufolge zwar weniger Ejakulationsprobleme als die Teilnehmer aus der Placebogruppe. Allerdings war dieser Unterschied zu gering ausgeprägt, um statistisch signifikant zu sein. Außerdem fanden die Wissenschaftler keine oder nur sehr geringe Verbesserungen anhand der Samenproben.
Aufgrund dieser Ergebnisse gehen Paduch und Kollegen davon aus, dass zusätzliches Testosteron kein geeignetes Mittel gegen Ejakulationsprobleme ist. Ursache ist demnach nicht eine Unterversorgung mit dem Geschlechtshormon.
Testosteron-Therapie nur bei eindeutigem Mangel
Die Forscher schlagen deshalb Ärzten vor, Ejakulationsstörungen nicht einfach routinemäßig mit Testosteron zu behandeln. Weitere Forschung soll stattdessen andere mögliche Ursachen und Therapieansätze aufzeigen. Bei gesenkter Libido, erektiler Dysfunktion und anderen eindeutigen Anzeichen von fehlendem Testosteron sei das Hormon laut einer Richtlinie der US-amerikanischen „Endocrine Society“ jedoch zur Behandlung gerechtfertigt.
Ein Grund für das Fehlschlagen der Hormontherapie könne aber auch sein, dass nicht alle Männer gleichermaßen darauf ansprächen, erklärt Paduch. Nur bei etwa 70 Prozent der Probanden, die Testosteron erhielten, stiegen die Werte während der Therapie über drei Nanogramm pro Milliliter. Bezogen die Forscher nur die Männer oberhalb dieses Schwellenwerts in ihre Analyse ein, ergab sich eine statistisch signifikante Verbesserung. In weiteren Untersuchungen wollen die Forscher darum klären, ob eine längere Therapie mit Testosteron möglicherweise bessere Resultate erzielt. (Journal of Clinical Endocrinology & Metabolism, 2015; doi: 10.1210/jc.2014-4434)
(The Endocrine Society, 10.07.2015 – AKR)