Seen am Meeresgrund: Vor der griechischen Insel Santorini haben Forscher ein ungewöhnliches Phänomen entdeckt. In rund 250 Metern Tiefe liegen dort gleich mehrere weißlich schimmernde Senken am Hang des Vulkankraters. Wie Analysen enthüllten, enthält das Wasser in diesen Pools extrem viel Kohlendioxid. Warum sich dieses in den Pools sammelt, statt sich im freien Waser zu verteilen, ist bisher rätselhaft, wie die Forscher im Fachmagazin „Scientific Reports“ berichten.
Eigentlich wollten Richard Camilli von der Woods Hole Oceanographic Institution (WHOI) und seine Kollegen nur die Caldera des Santorini-Unterseevulkans näher untersuchen. Sie ist der Überrest des gewaltigen Vulkanausbruchs, der 1600 vor Christus das halbe Mittelmeer mit Asche und Rauch überzog. Im Januar 2011 wurde dieser Vulkan wieder aktiv, Erdbeben häuften sich, der Krater hob sich und setzte vermehrt vulkanische Gase ins Meerwasser frei.
Weiße Senken am Vulkanhang
Doch als die Forscher die Region einige Monate später mit einem Tauchroboter erkundeten, stießen sie auf ein seltsames Phänomen: „Zwischen 235 und 250 Meter Tiefe entdeckten wir eine ineinander übergehende Reihe von mäandrierenden, irisierend weißen Pools“, berichten sie. Diese Seen am Meeresboden lagen in Senken des Kraterrands und waren im Gegensatz zu den umliegenden Gebieten nahezu frei von jedem Aufwuchs. Wegen des Schimmerns tauften die Forscher diese Unterwasser-Seen „Kallisti Limnes“ – auf Griechisch schönste Seen.
Als Camilli und seine Kollegen Wasserproben aus diesen Pools untersuchten, entdeckten sie auch dabei Auffälligkeiten: „Die Flüssigkeit in den Pools enthält 100-fach mehr Kohlendioxid als das umgebende Meerwasser und fast genauso viel zusätzlich gelöstes Methan“, so die Forscher. Das Wasser ist zudem relativ scharf vom umgebenden Wasser abgegrenzt.
Hundertfach mehr CO2 und Methan
Das aber ist äußerst ungewöhnlich – und widerspricht gängiger Theorie. Denn bisher ging man davon aus, dass unter Wasser freigesetztes CO2 sich sehr schnell verteilt, wie es beispielsweise an vielen Schwarzen Rauchern und anderen hydrothermalen Schloten der Fall ist. „Aber hier bleibt das mit CO2 angereicherte Wasser vom Rest des Ozeans getrennt und sinkt nach unten in die Senken“, so Camilli.
„Ich habe zwar schon vorher Seen im Ozean gesehen, aber das waren fast immer Salzseen, in denen gelöstes Salz aus dem Gestein das Wasser besonders dicht machte und so diese Pools vom Meerwasser abgrenzte“, erklärt der Forscher. „Aber in diesem Fall ist die erhöhte Dichte nicht von Salz verursacht.“ Stattdessen scheint der ungewöhnlich hohe CO2-Gehalt das Wasser an diesen Stellen sehr sauer und dicht zu machen.
Warum das Wasser in diesen Seen so geheimnisvoll weißgrünlich schimmert, können die Wissenschaftler bisher nur vermuten. Sie gehen aber davon aus, dass winzige Planktonorganismen mit Silikatschalen sowohl am Grund als auch im Wasser der Pools leben. Die Lichtbrechung an ihren Strukturen könnte das Schimmern verursachen.
Anzeichen für vulkanisches Erwachen?
Woher aber kommt das CO2 dieser Pools? Klar scheint, dass der Vulkankomplex von Santorini dafür eine Rolle spielt. Er verdankt seine Entstehung der Nordwanderung der Afrikanischen Erdplatte, die immer weiter unter die Eurasische Platte geschoben wird. Diese Subduktion lässt Magma aus der Tiefe aufsteigen, das Wasser im Krustengestein aufheizt und mit CO2 anreichert. Dieses tritt dann offenbar durch feine Ritzen im Meeresboden aus. Bestätigt wird dies durch Temperaturmessungen an den Kallisti Limnes: Ihr Wasser ist rund fünf Grad wärmer als das der Umgebung – das spricht für hydrothermale Aktivität, so die Forscher.
Warum sich aber an diesen Hängen das CO2 sammelt, statt sich zu verteilen, ist noch unklar. Möglicherweise handelt sich dabei um ein vorübergehendes Phänomen. „Weitere Untersuchungen sind nötig, um die CO2-Quelle dieser Pools zu lokalisieren und um festzustellen, ob die CO2-Anreicherung der Kallisti Limnes ein Anzeichen für eine erneute vulkanische Aktivität ist“, so Camilli und seine Kollegen. (Scientific Reports, 2015; doi: 10.1038/srep12152)
(Woods Hole Oceanographic Institution, 20.07.2015 – NPO)