Geowissen

Überraschend junges Auftriebsphänomen

Klimarelevanter Küstenauftrieb vor Peru tritt erst seit 10.000 Jahren auf

Vor der Pazifik-Küste Südamerikas stehen Meeresoberfläche und Atmosphäre in komplexem Zusammenhang. © NASA

Blick in die Klima-Vergangenheit: Nährstoffreiches Wasser strömt erst seit 10.000 Jahren an der südamerikanischen Küste aus der Tiefe empor. Diese überraschende Vergangenheit des auch für unser heutiges Klima wichtigen Prozesses haben deutsche Meeresforscher nun aufgedeckt. Die Ergebnisse verdeutlichen den komplexen Zusammenhang zwischen Ozeanen und Atmosphäre und helfen auch bei der Vorhersage zukünftiger Klimaveränderungen.

Die Auftriebsprozesse vor der Westküste Südamerikas verdeutlichen das komplexe Wechselspiel zwischen Klima und Meeresoberfläche. Das kalte und nährstoffreiche Wasser, das aus der Tiefe aufsteigt, bietet die richtigen Bedingungen für das dortige Plankton. Diese Kleinstlebewesen fixieren durch Photosynthese das klimarelevante Kohlendioxid (CO2). Außerdem löst sich CO2 besser in kaltem Wasser, so dass die Ozeane unter diesen Bedingungen mehr von dem Treibhausgas aufnehmen können.

Andererseits können diese Auftriebsprozesse auch alte, CO2-reiche Wassermassen aus der Tiefe an die Ozeanoberfläche transportieren und das Treibhausgas zurück zur Atmosphäre bringen. Meeresregionen mit ausgeprägten aufsteigenden Strömungen sind darum ein besonders spannendes Arbeitsgebiet für Meeresforscher.

Blick in die Klima-Vergangenheit

Solche Auftriebsprozesse können aber auch ausbleiben: An der Küste von Peru und Chile geschieht dies beispielsweise während des Klimaphänomens El Nino. Der Pazifik heizt sich auf und die kalte Aufströmung wird unterdrückt. Ozeanographen um Dirk Nürnberg vom GEOMAR Helmholtz-Zentrums für Ozeanforschung in Kiel haben den Auftrieb vor der Küste von Peru nun genauer untersucht. Die Forscher konzentrierten sich dabei allerdings nicht auf den einsetzenden El Nino. Stattdessen blickten sie weit in die Vergangenheit.

Mikrofossilien wie diese Foraminifere speichern in ihren Kalkschalen die Ozean- und Klimaentwicklung der Vergangenheit. © Tebke Böschen

Mit dem Forschungsschiff „Meteor“ gewonnene Bohrkerne zeigten den Wissenschaftlern, wie sich der Küstenauftrieb in den letzten 17.000 Jahren verändert hat. Aus diesen Bohrkernen isolierten die Forscher Fossilien mikroskopisch kleiner Einzeller, sogenannte Foraminiferen und langkettige organische Moleküle. Bestimmte Isotopenverhältnisse darin gaben Auskunft über die damaligen Temperaturen und den Salzgehalt des umgebenden Meerwassers.

Starker Auftrieb erst seit 4.000 Jahren

So fanden die Wissenschaftler heraus, dass sich der Küstenauftrieb im tropischen Ostpazifik in den vergangenen 17.000 Jahren nicht nur erheblich verändert hat, sondern dies zum Teil auch mit einer enormen Geschwindigkeit. „Die Veränderungen der Wassermassenzirkulation, die durch teilweise sehr rasche Temperatur- und Salzgehaltsschwankungen angezeigt werden, verweisen auf ein hochdynamisches und sensibles Klimasystem, wie wir es so nicht erwartet hatten“, sagt Erstautor Nürnberg.

Die aufsteigende Strömung vor der Küste Südamerikas tritt demnach erst seit dem Beginn der jetzigen Warmzeit vor etwa 10.000 Jahren auf. Erst seit etwa 4.000 Jahren ist er besonders intensiv. Dies verdeutlicht, wie veränderlich diese Auftriebsprozesse sind: „Der äquatoriale Ostpazifik ist sehr komplex, dennoch können wir die einzelnen Kontrollmechanismen identifizieren,“ sagt Koautorin Tebke Böschen vom GEOMAR.

Untersuchungsgebiet der Studie im äquatorialen Ostpazifik vor Peru mit den heutigen Oberflächentemperaturen und Strömungen. © T Böschen/D. Nürnberg, GEOMAR

„Weitreichende und komplexe Folgen“

Ursache dieser Veränderung im Ozean seien Prozesse in der Atmosphäre: „Die oberflächennahen Wassermassen werden durch die Lageveränderungen des tropischen Regengürtels getrieben“, erläutert Böschen. Die tieferen Wassermassen dagegen werden von anderen Prozessen beeinflusst. Sie folgen den Forschern zufolge den tieferen Strömungen, die aus dem tropischen Westpazifik ostwärts fließen und vermutlich mit den El Niño- und La Niña-Phänomenen in Zusammenhang stehen.

Die gewonnenen Erkenntnisse helfen nicht nur bei der Rekonstruktion der Klimageschichte. „Die beschriebenen schnellen ozeanographischen und klimatischen Veränderungen der Vergangenheit hatten weitreichende und komplexe Folgen“, betont Böschen. „Wir müssen diese Vorgänge berücksichtigen, wenn wir die Folgen der menschengemachten zukünftigen Klimaerwärmung abschätzen wollen.“ (Paleoceanography, 2015; doi: 10.1002/2014PA002706)

(GEOMAR Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung Kiel, 28.07.2015 – AKR)

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