Nicht magnetisch – oder doch? Von Natur aus unmagnetisches Kupfer lässt sich mit Hilfe von „Fußballmolekülen“ aus Kohlenstoff magnetisch machen. Ein internationales Forscherteam hat gezeigt, dass eine Grenzfläche zwischen den beiden Materialien schwachen Magnetismus hervorbringt. Die Entdeckung könnte helfen, neuartige Magnete für unterschiedlichste technische Anwendungen wie Stromgeneratoren oder Festplatten zu entwickeln, schreiben die Forscher im Fachjournal „Nature“.
Ob in Datenspeichern, Stromgeneratoren oder Geräten für die medizinische Bildgebung – Magnete sind ein entscheidendes Bauteil in vielen technischen Anwendungen. Permanentmagnete, die dauerhaft magnetisch sind, lassen sich jedoch nur aus den drei ferromagnetischen Metallen Eisen, Kobalt und Nickel herstellen. Diesen Metallen mischt man oft noch zusätzliche Elemente in kleiner Menge hinzu, wie etwa in den bekannten Neodym-Magneten. Viele solcher Zusatzstoffe sind allerdings nur in geringen Mengen verfügbar oder haben schädliche Eigenschaften.
Grenzfläche mit Fußballmolekülen
Wissenschaftler unter der Leitung von Oscar Céspedes von der Universität Leeds haben die Auswahl an verfügbaren Materialien nun jedoch möglicherweise erweitert: „Wir hatten schon vor einiger Zeit bemerkt, dass eine Grenzfläche zwischen einem Magneten und einer Molekülschicht die Eigenschaften des Magneten verändert“, sagt Céspedes. „So war es ein natürlicher Schritt, dass wir uns gefragt haben, ob es möglich sein würde, so auch eine magnetische Ordnung in einem nicht-magnetischen Material zu erzeugen.“
Um die benötigte Grenzfläche zu erhalten, trugen die Forscher auf einen dünnen Kupferstreifen eine Schicht des aus 60 Kohlenstoffatomen bestehenden Buckminster-Fullerens auf. Wie sich zeigte, verändert die Bewegung der Elektronen durch die Grenzfläche zwischen beiden Schichten die magnetischen Eigenschaften des kombinierten Materials so sehr, dass dieses ferromagnetisch wird, also permanent magnetisiert werden kann.
„Damit wird denkbar, dass Magnete für die Geräte der Zukunft aus Substanzen hergestellt werden, die ungefährlich sind und in großen Mengen zur Verfügung stehen wie etwa Kohlenstoff oder Kupfer“, sagt Erstautorin Fatma Al Ma’Mari von der Universität Leeds.
Myonen als winzige Kompassnadeln
Dass tatsächlich die Grenzfläche zwischen den beiden Materialien für das magnetische Verhalten verantwortlich ist, bestätigten die Forscher mit Hilfe von Myonen. Dies sind instabile Elementarteilchen, mit deren Hilfe man gezielt den Magnetismus an verschiedenen Stellen im Inneren von Materialien untersuchen kann.
„Im Experiment werden die Myonen in das untersuchte Material ‚hineingeschossen'“, erklärt Hubertus Luetkens vom Paul Scherrer Institut PSI im schweizerischen Villigen, wo diese Experimente stattfanden. „Da sie sich selbst wie winzige Kompassnadeln verhalten, reagieren sie auf das Magnetfeld an dem Ort im Material, an dem sie sich befinden. Nach kurzer Zeit zerfallen die Myonen in andere Teilchen.“ Die Flugbahn dieser Teilchen gibt Rückschlüsse auf die magnetischen Vorgänge im Inneren des Materials.
Noch zu schwach für die Kühlschranktür
Allerdings haben die Forscher bislang lediglich das grundsätzliche Prinzip gezeigt. Als nächstes wollen sie die erhaltenen Magnete stärker machen: „Die Magnete, die wir jetzt erzeugt haben, sind noch sehr schwach: Sie würden nicht an der Kühlschranktür halten“, sagt Studienleiter Céspedes. „Aber wir sind überzeugt, dass man mit der richtigen Kombination von chemischen Elementen neuartige Magnete entwickeln kann, die in verschiedenen Zukunftstechnologien Anwendung finden werden.“ (Nature, 2015; doi: 10.1038/nature14621)
(Paul Scherrer Institut (PSI), 06.08.2015 – AKR)