Verborgene Botschaft: Die berühmten Felsbögen in amerikanischen Westen haben es in sich. Denn belauscht man sie mit einem Seismometer, geben sie ein subtiles Summen und Vibrieren von sich. Es entsteht, weil der Wind und Erschütterungen Resonanzschwingungen im Gestein auslösen. Der Clou dabei: Das individuelle Summen verrät, ob ein Felsbogen einsturzgefährdet ist oder nicht, wie US-Forscher im Fachmagazin „Geophysical Research Letters“ berichten.
Die bizarren Sandsteinformationen in den Nationalparks von Utah und Arizona sind weltberühmt. Neben Felsnadeln und Säulen finden sich dort auch gewaltige steinerne Bögen, die Dutzende Meter überspannen. Wie diese ungewöhnlichen Felsbrücken entstehen, haben Forscher erst im letzten Jahr aufgeklärt.
Einstürzende Felsbögen
Doch obwohl diese Steinmonumente schon Jahrtausende alt sind – auch sie halten nicht ewig. Die Erosion nagt an ihnen und hat allein im Arches Nationalpark in Utah bereits 43 solcher Bögen einstürzen lassen. Im August 2008 brach unerwartet und plötzlich der 22 Meter weite Wall Arch ein und stürzte dabei auf einen vielbegangenen Weg. Auch vom Landscape Arch, dem mit 88 Metern längsten natürlichen Felsbogen Nordamerikas, sind bereits Stücke abgefallen.
Das Problem dabei: Wann ein solcher Bogen instabil wird, lässt sich von außen nicht ohne weiteres erkennen. „Es hat bisher keine gute Methode gegeben, dies zu messen, ohne dabei Instrumente über den gesamten Felsbogen zu verteilen „, erklärt Jeff Moore von der University of Utah in Salt Lake City. Das allerdings trifft bei den zahlreichen Touristen an diesen Felsmonumenten nicht gerade auf Gegenliebe.
Resonanz verrät Schäden
Moore und seine Kollegen haben daher nach einer Methode gesucht, den internen Zustand der Bögen unauffälliger und weniger störend zu ermitteln. Ihre Idee: Sie wandelten ein Verfahren ab, das bei Gebäuden, Brücken und anderen menschengemachten Bauwerken schon etabliert ist. Dabei werden diese Objekte in regelmäßigen Abständen mit kleinen Handseismometern abgehört.
Man macht sich dabei zunutze, dass die Bauwerke durch den Wind und Bodenerschütterungen zum Schwingen gebracht werden. Je nach Beschaffenheit registrieren die Seismometer auch die für diese Gebäude typischen Resonanzschwingungen. „Wenn sich die Resonanz ändert, dann gibt es im Inneren der Struktur Veränderungen“, sagt Moore. Und dies kann beispielsweise auf Risse oder Schäden hindeuten.
Summen und vier Schwingungsarten
Die Forscher testeten diese Seismometer-Technik am 27 Meter langen Mesa Arch, einem der bekanntesten Felsbögen Utahs. Und tatsächlich: Der Bogen summte. Wandelt man das Vibrieren des Gesteins in hörbare Laute um, ist die individuelle „Stimme“ des Felsbogens deutlich zu vernehmen. „Die Bögen sind richtig gute Resonatoren“, sagt Moore.
Und ihr Schwingen ist komplex: Gleich vier verschiedene Arten des Vibrierens registrierten die Forscher an dieser Gesteinsformation. Von außen unsichtbar schwingt der Bogen wie eine Gitarrenseite seitlich hin und her, verbiegt sich in einer wellenförmigen S-Kurve, hebt und senkt sich und führt eine Wellenbewegung über seine ganze Länge hinweg durch.
Bei Hitze summen sie höher
Die Wissenschaftler wiederholten ihre Messungen neun Mal innerhalb von eineinhalb Jahren. „Wir haben dabei keine permanenten Veränderungen gesehen, aber durchaus vorübergehende Schwankungen“, berichtet Moore. Wie sich zeigte, werden diese vor allem durch Temperaturschwankungen verursacht: Wird es im Laufe des Tages heiß, dehnt sich das Gestein des Bogens aus. Dadurch wird der Fels gestaucht und steht stärker unter Spannung als in der kühlen Nacht. Als Folge erhöht sich auch die Resonanzfrequenz der Schwingungen.
Für den Mesa Arch geben die Forscher schon mal Entwarnung: Er ist vorerst nicht einsturzgefährdet. Sie wollen nun weitere Bögen im Arches Nationalpark auf deren „Summen“ hin untersuchen. Denn erste Stichproben zeigen, dass jeder Bogen nicht nur mit anderer Resonanz vibriert, auch die Zahl der verschiedenen Schwingungsarten ist individuell verschieden, wie die Forscher berichten.
Moore und seine Kollegen sind sich sicher, dass ihre Technik auch für andere natürliche Felsformationen genutzt werden könnte, darunter Meeresklippen, Felssäulen oder vielleicht sogar auch den rätselhaften kippelnden Felsen in Kalifornien. „Es gibt keinen Grund, warum diese Methode nicht auf alle Felsstrukturen angewendet werden kann“, so Moore. (Geophysical Research Letters, 2015; doi: 0.1002/2015GL064917)
(American Geophysical Union (AGU), 13.08.2015 – NPO)