Neurobiologie

Genmanipulation macht Mäuse schlauer

Hemmung nur eines Enzyms vermindert Angst und stärkt das Gedächtnis

Hemmt man das Enzym PDE4B im Gehirn solcher Mäuse, werden sie schlauer. © Bas van de Weil/ freeimages

Es ist fast ein wenig gruselig: Durch genetische Hemmung nur eines Enzyms im Gehirn haben Forscher Mäuse intelligenter gemacht. Die manipulierten Tiere besaßen ein besseres Gedächtnis, waren neugieriger und angstfreier als ihre normalen Artgenossen. Da es das gleiche Enzym auch beim Menschen gibt, hoffen die Forscher, durch eine solche Hemmung auch Menschen mit Demenz oder Angsterkrankungen helfen zu können.

Das Enzym Phosphodiesterase-4B (PDE4B) gilt schon länger als wichtig für die geistige Gesundheit. Es kommt vor allem im Hippocampus des Gehirns von Säugetieren und auch von uns Menschen vor und damit sozusagen in der Gedächtniszentrale unseres Denkorgans. „Phosphodiesterasen (PDE) sind für fundamentale Aspekte der Gehirnfunktion verantwortlich, darunter Lernen, Gedächtnis und höhere kognitive Funktionen“, erklären Alexander McGirr von der University of British Columbia in Vancouver und seine Kollegen.

Verbessertes Gedächtnis und geistige Leistungen

Für ihre Studie veränderten die Forscher bei Mäusen ein Gen, das das Enzym PDE4B produziert. Die solcherart manipulierten Mäuse produzierten dadurch weniger PDE4B in ihrem Hippocampus und dem Mandelkern, dem für Emotionen zuständigen Hirnareal. Wie sich diese Veränderungen auswirkten, testeten die Wissenschaftler in mehreren Verhaltensexperimenten.

Das Ergebnis: Die genmanipulierten Mäuse erwiesen sich als deutlich schlauer als ihre normalen Artgenossen. Sie erkannten bekannte Objekte und Artgenossen besser wieder, merkten sich Dinge länger und lernten schneller, wo sich in einem Wasserbecken eine unter der Wasseroberfläche versteckte Plattform befand. Die Tiere waren zudem neugieriger und erkundungsfreudiger als ihre Artgenossen, wie die Forscher berichten. Diese Veränderungen spiegelten sich auch im Gehirn der Tiere wider. Denn dort wuchsen Nervenzellen stärker und es gab Veränderungen an den Synapsen.

Weniger Angst

Und noch etwas fiel auf: Die genmanipulierten Mäuse waren weniger ängstlich als ihre Artgenossen. Während letztere helle, offene Flächen meiden und sich lieber in dunklen, engen Höhlen aufhalten, spazierten die Mäuse mit dem gehemmten Enzym furchtlos auch durch helle Freiflächen. Selbst der Geruch von Katzenurin – normalerweise ein wirksames Abschreckmittel – jagte ihnen keine Angst ein.

Für die Medizin besonders interessant: Während sich das Gedächtnis der Tiere für neutrale oder positive Dinge verbesserte, schien das Fehlen des Enzyms angsterfüllte Erinnerungen eher zu unterdrücken. Die genmanipulierten Mäuse erinnerten sich nach sieben Tagen weniger gut an negative, angstauslösende Erfahrungen als die Kontrolltiere, so die Forscher. Dieser Effekt ließ sich auch bei genetisch normalen Mäusen mit einem Hemmstoff des Enzyms erreichen.

Hilfe für Menschen mit Demenz oder Ängsten?

Die Forscher hoffen, dass eine Hemmung des PDE4B-Enzyms auch beim Menschen positive Effekte haben könnte. Sie sehen Anwendungsmöglichkeiten sowohl bei Demenzerkrankungen als auch bei Angsterkrankungen. „Medikamente, die PDE4B hemmen, könnten künftig das Leben von Menschen mit neurokognitiven Störungen und einer lebensbeeinträchtigenden Angst verbessern“, meint McGirr. „Auch nach traumatischen Erfahrungen könnten sie helfen.“

Noch allerdings müssen weitere Versuche zeigen, ob eine Hemmung des Enzyms PDE4B auch beim Menschen eine so positive Wirkung hat. Die Forscher arbeiten bereits an Wirkstoffen, mit denen sich dies ohne Genmanipulation erreichen lässt. (Neuropsychopharmacology, 2015; doi: 10.1038/npp.2015.240)

(University of Leeds, 17.08.2015 – NPO)

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