Tauwetter in der Arktis: Die Fläche des arktischen Meereises ist schon jetzt kleiner als letztes Jahr zu dieser Zeit – dabei ist das erwartete Minimum noch nicht erreicht. Ein neuer Negativrekord droht Schätzungen von Wissenschaftlern zufolge dieses Jahr zwar offenbar nicht, aber der generelle Abwärtstrend bestätigt sich erneut: Das Eis könnte auf die zweitkleinste Fläche seit Beginn der Aufzeichnungen zusammenschrumpfen.
Das Klima auf der Erde wird immer wärmer und das Meereis der Arktis schmilzt immer stärker. Nach dem bisherigen Tiefststand von 2012 sah es in den Folgejahren zunächst so aus, als könnten sich die Eisflächen wieder erneuern. Doch diese Hoffnung war verfrüht: „Entgegen anderslautenden Prognosen stellen wir fest: Das Arktiseis erholt sich nicht“, sagt Lars Kaleschke von der Universität Hamburg. Das Meereis der Arktis gilt als kritisches Element im Klimageschehen und als Frühwarnsystem für die globale Erwärmung.
Anhaltender Abwärtstrend
Kalesche und Kollegen verfolgen anhand von Satellitendaten, wie sich die Eisflächen auf dem arktischen Meer entwickeln. „Nur noch 4,35 Millionen Quadratkilometer des arktischen Ozeans sind aktuell mit Eis bedeckt“, berichtet der Forscher. „Das ist bereits jetzt weniger als die Minimumwerte von 2013 und 2014“. Ihren Höhepunkt erreiche die sommerliche Schmelze aber voraussichtlich erst in einer Woche. Die Nordost- und die Nordwestpassage sind schon jetzt weitgehend eisfrei, eine Schiffspassage ist auch diesen Sommer wieder auf beiden Routen möglich.
In den 1970er und 1980er Jahren lagen die sommerlichen Minimumwerte noch bei durchschnittlich rund 7 Millionen Quadratkilometern. Im Jahr 2012 schrumpfte die Fläche auf den Negativrekord von nur 3,4 Millionen Quadratkilometern zusammen. Ganz so dramatisch wird es dieses Jahr wahrscheinlich nicht werden – aber fast: „Das diesjährige sommerliche Minimum könnte sich etwa bei 4,2 Millionen Quadratkilometern einstellen“, schätzt Marcel Nicolaus vom Alfred-Wegener-Institut (AWI) in Bremerhaven. Das wäre der zweitniedrigste Wert seit Beginn der Satellitenbeobachtungen in den 1970er Jahren. Der Abwärtstrend der Vorjahre hält an.