Wasser mit Gedächtnis? Strukturen aus Wassermolekülen in flüssigem Wasser halten bis zu zehnmal länger als bisher gedacht. Allerdings sind diese lokalen Bereiche immer noch extrem flüchtig: Die Wassermoleküle „vergessen“ ihre Nachbarn bereits nach einem Billionstel einer Sekunde, wie Wissenschaftler nun gemessen haben. Dennoch sind diese Strukturen stabil genug, um die lebenswichtigen Eigenschaften des Wassers zu beeinflussen, schreiben die Forscher im Magazin „Nature Communications“.
Wasser ist ein einzigartig dynamisches Lösungsmittel: Die Wassermoleküle bewegen sich extrem schnell. Gleichzeitig verbinden sie sich aber vorübergehend durch sogenannte Wasserstoff-Brückenbindungen. Diese geben dem Wasser seine herausragenden Eigenschaften – unter anderem, dass es bei Raumtemperatur flüssig bleibt und eine große Menge Wärme speichern kann. „Ein Großteil der chemischen und biologischen Reaktionen findet auf der Erde in Wasser oder an Wassergrenzflächen in Meeren oder Wolken statt“, verdeutlicht Mischa Bonn vom Max-Planck-Institut für Polymerforschung in Mainz. „Deswegen ist es extrem wichtig, wie sich Wasser dort auf molekularer Ebene verhält.“
Wasser vergisst extrem schnell
Bereits bekannt ist, dass durch die Brückenbindungen zwischen Sauerstoff und Wasserstoff lokale Strukturen aus mehreren zusammenhängenden Wassermolekülen entstehen. Dieses „Gedächtnis des Wassers“ soll etwa für die Wirkung homöopathischer Präparate verantwortlich sein: Die Strukturen der Wassermoleküle könnten in den extrem verdünnten Lösungen die Formen von Wirkstoffen nachbilden, so die Theorie.
Dagegen spricht jedoch, dass diese Strukturen nicht besonders lange halten: Nach bisheriger Ansicht „vergisst“ das Wasser sie schon nach weniger als einem Zehntel einer Pikosekunde. Eine Pikosekunde ist ein Billionstel einer Sekunde, Licht legt in dieser Zeit im Vakuum gerademal 300 Mikrometer zurück.