Materialforschung

Skurril: Stromerzeugung durch Schläge

Eisen-Gallium-Legierung erzeugt Magnetfeld und Strom bei mechanischer Verformung

Versuchsaufbau mit Galfenol im Inneren des kupferumwickelten Elektromagneten © John Domann/ UCLA

Strom durchs Draufhauen: Forscher haben eine ungewöhnliche Methode entdeckt, um Strom zu erzeugen – durch Schläge. Denn eine Verbindung aus Eisen und Gallium produziert ein starkes magnetisches Feld, sobald es durch mechanischen Druck verformt wird. Kombiniert man dies mit elektrischen Leitungen, entsteht Strom. Immerhin 80 Megawatt pro Kubikmeter Material lassen sich so durch starke Schläge erzeugen.

Eisen ist eigentlich ein ganz normales ferromagnetisches Material. Doch seine Eigenschaften ändern sich, wenn einige Eisenatome durch das Metall Gallium ersetzt werden, wie Forscher der US Navy bereits vor rund 20 Jahren herausfanden. Die Eisen-Gallium-Legierung, auch Galfenol genannt, wird dann zu einem magnetoelastischen Material. Das Besondere daran: Wenn solche Materialien mechanischem Druck ausgesetzt oder verformt werden, ändert sich ihre Magnetisierung.

„Im Allgemeinen bedeutet dies, dass ein magnetoelastisches Material mechanische Energie in magnetische Energie umwandeln kann und umgekehrt“, erklärt Erstautor John Domann von der University of California in Los Angeles. Im Falle des Galfenols geschieht diese Umwandlung sehr effektiv: Der Wirkungsgrad liegt bei 70 Prozent. Das allein macht das Material aber noch nicht sonderlich nützlich.

Wechselndes Magnetfeld erzeugt Strom

Das passiert erst im nächsten Schritt: Das bei Schlägen erzeugte Magnetfeld lässt sich nutzen, um elektrische Energie zu erzeugen. „Wenn wir ein paar Leitungen um das Material wickeln, können wir durch die Änderungen des Magnetfelds in ihnen einen elektrischen Strom erzeugen“, so Domann. Denn wie die Spule eines Elektromagneten bei Stromfluss ein Magnetfeld produziert, erzeugt umgekehrt auch ein wechselndes Magnetfeld einen elektrischen Strom.

Und das ist der Clou des neuen Materials: Erhält das mit Leitungen kombinierte Galfenol einen Schlag, setzt es Strom frei – und das nicht wenig: Immerhin 80 Megawatt pro Kubikmeter produziert das Material bei starken Schlägen, wie die Forscher im Experiment feststellten. Der große Vorteil: Die Eisen-Gallium-Legierung kann immer wieder verwendet werden, sie erholt sich sozusagen von selbst wieder.

Einsatz auch als Kollisions-Detektor

Neben der reinen Stromerzeugung könnte das Galfenol aber auch auf andere Weise nützlich sein: Es könnte als drahtloser Stoßdetektor eingesetzt werden. „Wir könnte daraus kleine Geräte fertigen, die eine messbare elektromagnetische Welle erzeugen, sobald ein mechanischer Impuls sie trifft“, erklärt Domann. Weil diese Wellen sich dreimal schneller ausbreiten als die mechanischen Schockwellen, könnte sie eine Kollision anzeigen, noch bevor die zerstörerische Schockwelle eintrifft.

Im Auto oder anderen Fahrzeugen könnte dies beispielsweise über ein Computersignal den Airbag rechtzeitiger auslösen oder andere Schutzmechanismen in Gang setzen. „Wir könnten so drahtlos auf die Kollision reagieren, bevor der Rest des Fahrzeugs oder die Passagiere Zeit haben, die Folgen zu spüren“, sagt Domann. „Das könnte Schäden reduzieren und Verletzungen vermeiden halfen.“

Noch sind zwar einige Tests nötig, aber die Forscher halten es für wahrscheinlich, dass Technologien auf Basis des Galfenols schon in wenigen Jahren auf den Markt kommen. (Journal of Applied Physics, 2015; doi: 10.1063/1.4930891)

(American Institute of Physics, 30.09.2015 – NPO)

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