Klima

Klimaberichte zu kompliziert?

Forscher kritisieren schwer verständliche Berichte des Weltklimarats

Zu kompliziert für Laien? Die Sachstandsberichte des Weltklimarates IPCC sind nur für Spezialisten klar verständlich. © IPCC

Unverständlicher Klimawandel: Die Berichte des Weltklimarates IPCC sind für Laien zu kompliziert geschrieben, urteilt ein internationales Forscherteam. Selbst Politiker ohne Promotion im nötigen Fachbereich sind demnach nicht in der Lage, aufgrund der Klimaberichte fundierte Entscheidungen zu fällen. Für einen effektiven Kampf gegen den Klimawandel sollten die Berichte in Zukunft unbedingt verständlicher sein, empfehlen die Forscher im Journal „Nature Climate Change“

Der Klimawandel ist in aller Munde und gehört zu den am meisten diskutierten Themen unserer Zeit. Grundlage der Diskussionen sind die Berichte des Weltklimarates IPCC. Von 1990 bis 2014 sind bislang fünf dieser umfangreichen Dokumente über die voraussichtliche Entwicklung des Weltklimas, die Folgen und möglichen Gegenmaßnahmen erschienen.

Lange Sätze und schwierige Wörter

Doch wie informativ und vor allem wie verständlich sind diese Berichte tatsächlich? Anlässlich der 21. Klimakonferenz der Vereinten Nationen, die am 30. November in Paris beginnt, haben Wissenschaftler um Ralf Barkemeyer von der KEDGE Business School im französischen Talence die IPCC-Berichte auf ihre „Alltagstauglichkeit“ untersucht. „Wenn Regierungen die wissenschaftlichen Fakten nicht verstehen, wie sollen sie dann zu einem Konsens kommen?“, fragt Barkemeyer.

Wie kompliziert die IPCC-Texte sind, untersuchte das Forscherteam mit dem sogenannten Flesch-Reading-Ease-Algorithmus: „Der Algorithmus basiert auf der Annahme, dass Texte nicht so gut verstanden werden, wenn die Sätze lang sind und viele schwierige Wörter enthalten“, erklärt der Medizininformatiker Giulio Napolitano von der Universität Bonn.

Ohne Promotion nicht verständlich

Die Wissenschaftler kommen zu dem Ergebnis, das Politiker eine Promotion im entsprechenden Fachgebiet benötigen, um die Inhalte der IPCC-Berichte zu verstehen. Manche Texte von Albert Einstein seien leichter zu erfassen. „Aufgrund der Komplexität der Texte kann die Öffentlichkeit die IPCC-Zusammenfassungen nicht verstehen und nicht wirklich erfassen, um welche realen Herausforderungen es geht – dadurch können die Ergebnisse von sogenannten Klimaskeptikern missinterpretiert werden“, sagt Napolitano.

Außerdem prüften die Wissenschaftler mit einer speziellen Software, wie negativ die Berichte der Medien im Vergleich zum nüchternen IPCC-Bericht waren. Die Analyse zeigte, dass die Medien häufig einen deutlich pessimistischeren Ton anschlagen als die neutralen Botschaften der IPCC-Berichte. Mit negativen Emotionen behaftete Begriffe wie „Risiko“ oder „Bedrohung“ tauchen in der Berichterstattung häufiger auf als in den Klimaberichten selbst.

Kompromiss auf Kosten der Verständlichkeit

Die schwere Lesbarkeit der Texte führen die Wissenschaftler unter anderem auf den Zwang zum Kompromiss in den IPCC-Gremien zurück: Wo viele unterschiedliche Meinungen zu einer gemeinsamen Linie zusammengeführt werden müssen, bleibt die Verständlichkeit auf der Strecke.

Die Wissenschaftler sehen in einer zielgerichteten Kommunikation eine wesentliche Herausforderung des Weltklimarats, damit die IPCC-Berichte auch von Nicht-Fachleuten verstanden werden. Sie empfehlen dem IPCC, zukünftige Berichte auch für Laien verständlich zu verfassen. Dies sei ein wichtiger Schritt, um im Kampf gegen den Klimawandel rascher voranzukommen. (Nature Climate Change, 2015; doi: 10.1038/nclimate2824)

(Rheinische Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn, 13.10.2015 – AKR)

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