
Umriss der "mafic mounds" im Soutpole-Aitken-Becken © NASA/GSFC/ MIT/Brown University
Zwei Szenarien – ein Auslöser
„Diese ungewöhnliche Struktur genau im Zentrum des Beckens wirft die Frage auf: Was ist dieses Ding und wie kam es dorthin?“, sagt Erstautor Daniel Moriarty von der Brown University. Um das zu klären, haben er und seine Kollegen anhand aller verfügbaren Daten zu den „mafic mounds“ und mit Hilfe von Modellsimulationen verschiedene Szenarien untersucht, die einen solchen Berg mitten in der Einschlagssenke hervorbringen könnten.
Ihr Ergebnis: Im Prinzip kommen nur zwei Bildungsarten in Frage- und beide wären für den Mond extrem ungewöhnlich und einzigartig. Auslöser beider Prozesse muss demnach der gewaltige Einschlag gewesen sein, der das 2.200 Kilometer große Southpole-Aitken-Becken schuf. „Dies ist die größte bekannte Einschlagsstruktur im gesamten Sonnensystem, sie hat viele Aspekte der Mondevolution beeinflusst“, erklärt Moriarty. Der gewaltige Impakt schmolz und verdampfte Gestein bis in 200 Kilometer Tiefe und riss einen brodelnden Kessel glutflüssiger Lava auf.

Nicht zu übersehen: Die blaue Färbung markiert das Southpole-Aitken Becken auf dem Mond. © NASA
Lava mit Zahnpasta-Effekt
An diesem Punkt setzt das erste Szenario ein: Als die Lava im Einschlagskrater allmählich erkaltete, zog sich ihre Oberfläche zusammen. In der Mitte jedoch riss diese bereits erstarrte Decke auf und wie Zahnpasta aus einer Tube quoll dort noch flüssige Lava aus dem lunaren Mantel hervor. Die Modelle sprechen dafür, dass diese nachträglich herausgedrückte Lava im Gegensatz zur Oberfläche calciumreich gewesen sein muss, wie die Forscher erklären.
Denkbar wäre aber auch eine zweite Variante: Nach diesem Szenario schmilzt der Einschlag ebenfalls Teile des lunaren Mantels auf, schleudert aber gleichzeitig Tonnen von Material aus dem Becken hinaus. Weil dadurch das zuvor auflastende Gewicht wegfällt, kann das darunter liegende Material im Zentrum der Einschlagssenke zurückfedern. Diese schnelle Bewegung lässt geschmolzenes Mantelgestein im Zentrum hochschnellen und bildet so die mafischen Hügel. Die umgebende Oberfläche wird dagegen vom langsam erstarrenden Krustengestein dominiert.
„Absolut einzigartig“
Welches der beiden Szenarien sich tatsächlich abgespielt hat, ist noch unklar. Klar ist aber, dass jedes von beiden absolut einzigartig für den Mond wäre. „Wenn diese Szenarien korrekt sind, repräsentieren sie einen völlig neuen vulkanischen Prozess, der so noch nie gesehen wurde“, sagt Moriarty. Denn eine solche Form eines Mare- unabhängigen Vulkanismus habe man bisher auf dem Mond noch nicht gefunden.
Endgültig klären könnte die Frage nach dem Ursprung des rätselhaften Mond-„Buckels“ eine Mondmission, die Gesteinsproben zurück zur Erde bringt. Die genaueren Analysen im Labor würden dann auch das Rätsel lösen, wann das Southpole-Aitken-Becken überhaupt entstand und welches Objekt ihn schuf. (Geophysical Research Letters, 2015; doi: 10.1002/2015GL065718)
(Brown University / American Geophysical Union, 16.10.2015 – NPO)
16. Oktober 2015