Wimmelnde Lebensgemeinschaften in nährstoffarmem Wasser – wie ist das möglich? In Korallenriffen liefern Mikroorganismen eine Lösung für dieses Paradoxon, haben Meeresbiologen herausgefunden: Bakterien fixieren so effizient den raren Stickstoff für die Korallen, dass diese mit weiterer Hilfe von Mikroalgen das ganze Jahr hindurch wachsen können – selbst wenn die Nährstoffe besonders knapp werden. Die Studie in den „Proceedings of the Royal Society B“ verdeutlicht, wie stark solche wichtigen Wachstumsprozesse miteinander verknüpft sein können.
Tropische Korallenriffe sind die artenreichsten Lebensräume auf unserem Planeten: Neben den Korallen, die die Riffe wachsen lassen, leben dort auch unzählige Fische, Krebse und Weichtiere. Doch dieses wimmelnde Leben stellt Wissenschaftler vor ein Rätsel: Die Meeresgebiete, in denen die tropischen Riffe beheimatet sind, sind extrem arm an Nährstoffen. Besonders der lebenswichtige Stickstoff ist dort ein absolutes Mangelelement. Schon Charles Darwin formulierte 1842 dieses sogenannte Riff-Paradoxon. Wie also ernähren sich die blühenden Lebensgemeinschaften am Riff in diesen kargen Regionen?
Mikro-Ökosysteme in der Koralle
Um diese Frage zu beantworten, haben sich Meeresbiologen unter der Leitung von Christian Wild von der Universität Bremen die Lebensgemeinschaften am Korallenriff genauer angeschaut – genauer gesagt, Gemeinschaften innerhalb dieses Ökosystems: Korallen sind zwar Tiere, aber in ihrem Gewebe leben so viele verschiedene Mikroalgen und Bakterien, dass eigene Mikro-Ökosysteme darstellen.
Diese sogenannten Holobionten sind mit Hilfe ihrer mikrobiellen Mitbewohner in der Lage, für andere Tiere völlig untypische Dinge zu vollbringen: Besonders wichtig ist die Photosynthese der Mikroalgen, über die sie Kohlenstoff fixieren. Mit Hilfe von Lichtenergie entsteht so organisches Material was den Korallen extrem hohe Wachstumsraten ermöglicht. So produzieren die Holobionten Biomasse und liefern gleichzeitig Nahrung für andere Organismen im Lebensraum Korallenriff.