Computer als Eheberater? Ein Algorithmus sagt mit hoher Treffsicherheit voraus, ob eine Eheberatung bei Paaren Erfolg zeigt oder nicht. An Tonfall und Reaktionen erkennt der Computer, wie die Gesprächspartner aufeinander eingehen. Seine Vorhersagen anhand des Gesprächsverlaufs sind dabei sogar präziser als die von Psychologen. Für Eheberater stellt ein solches Programm ein nützliches, objektives Werkzeug dar, meinen die Forscher.
Unsere Stimme ist fast so einzigartig wie ein Fingerabdruck: Schon am Klang einer Stimme können wir Alter und Geschlecht und sogar die Größe einer Person abschätzen. Außerdem schreiben wir manchen Stimmen bestimmte Eigenschaften wie Intelligenz oder Kompetenz zu. Besonders charakteristische Stimmen merkt sich unser Gehirn schon nach dem ersten Hören. Besonders wichtig für diese Unterschiede sind subtile Variationen im Tonfall, die noch weitaus mehr verraten als die Stimme selbst. „Es kommt nicht nur darauf an, was man sagt, sondern auch wie man es sagt“, verdeutlicht Shrikanth Narayanan von der University of Southern California (USC) in Los Angeles.
Computer erkennt zittrige Stimme
So reden etwa Paare in einer glücklichen Beziehung anders miteinander als in einer zerbröckelnden Ehe. Sogar bei Paaren in einer Beziehungskrise lässt sich am Tonfall erkennen, ob die Partnerschaft noch zu retten ist oder wahrscheinlich zum Scheitern verurteilt ist. Das Team um Narayanan hat nun herausgefunden, dass diese Unterschiede so spezifisch sind, dass man sie auch einem Computer beibringen kann.
Dazu zeichneten die Forscher zunächst hunderte von Therapiegesprächen aus der Eheberatung über einen Zeitraum von zwei Jahren auf. Den Ehestatus der teilnehmenden Paare verfolgten die Wissenschaftler über fünf Jahre. Ein von den Forschern entwickelter Computeralgorithmus analysierte die Unterhaltungen dann auf Eigenschaften wie Lautstärke und Tonhöhe, aber auch zittrige oder brechende Stimmen. Besonders letztere sind ein Zeichen für starke Emotionen.
Bessere Vorhersage als vom Psychologen
Die Analyse ging aber noch einen Schritt weiter: Die Forscher bewerteten nicht nur, wie die einzelnen Partner sprachen, sondern auch, wie sie aufeinander reagierten. „Es geht darum, wie es dich trifft, was dein Partner zu deinen Gefühlen zu sagen hat“, sagt Narayanan. Das Computerprogramm konnte so bestimmte Tendenzen in den Gesprächen festmachen und auch die Erfolgschancen der Beziehungstherapie abschätzen.
Dies gelang mit beachtlichem Erfolg: In fast 80 Prozent der Fälle sagte der Computer richtig voraus, ob ein Paar nach Ablauf des beobachteten Zeitraums noch verheiratet war. Damit übertraf das Programm sogar die Vorhersagen von Psychologen. Zum Vergleich hatten die Forscher jedem Gespräch durch Experten negative Eigenschaften wie Schuldzuweisung oder positive wie Akzeptanz zuschreiben lassen. Die computergestützte Analyse der Stimme lieferte jedoch eine genauere Vorhersage als die Expertenmeinung.
Objektives Werkzeug für Eheberater
„Psychologen und Forscher wissen seit langem, dass die Art, wie Partner miteinander reden und Probleme diskutieren, wichtig für eine glückliche Beziehung ist“, sagt Koautor Brian Baucom von der University of Utah in Salt Lake City. Allerdings ließ sich dies bislang nicht objektiv messen. Die Studienergebnisse seien darum ein wichtiger Schritt, Eheberatern ein objektives Werkzeug zur Therapie zu geben, meint Baucom.
In einem nächsten Schritt wollen die Forscher den Algorithmus so erweitern, dass der Computer auch die Körpersprache erfassen und bewerten kann. Damit sollen die Vorhersagen sogar noch genauer werden. (Proceedings of Interspeech, 2015)
(University of Southern California, 30.11.2015 – AKR)