Auf dem Weg zu einer neuen Dimension der Röntgenblitze: Ein wichtiger Teil des Röntgenlasers European XFEL in Hamburg hat seine Premiere erfolgreich absolviert: Der sogenannte Injektor, das 45 Meter lange vorderste Teilstück des Freie Elektronenlasers hat die ersten Elektronen beschleunigt. Bis 2017 soll auch der Rest der Anlage fertig sein – sie wird dann die bislang energiereichsten und kürzesten Röntgenlaser-Pulse erzeugen.
Schon jetzt verdanken wir Röntgenlasern ganz neue Einblicke in die Mikrowelt: Mit Hilfe der nur wenige Dutzend Femtosekunden kurzen Lichtpulse filmten Forscher bereits Schockwellen im Diamant, schossen ein erstes Gruppenfoto freier Moleküle und knackten den „Gral“ der Chemie, indem sie Atome im Moment der chemischen Bindung aufnahmen.
Elektronen auf Schlingerkurs
Noch tiefere Einblicke jedoch soll ab 2017 der Röntgenlaser European XFEL am DESY in Hamburg bieten. Er erzeugt 27.000 Röntgenlaserblitze pro Sekunde und eine Leuchtstärke, die milliardenfach höher ist als die besten Röntgenstrahlungsquellen herkömmlicher Art. Die Anlage besteht aus einem zwei Kilometer langen supraleitenden Linearbeschleuniger für Elektronen, an den sich eine Serie hochpräziser Magnetstrukturen anschließt.
Sobald die Elektronen fast Lichtgeschwindigkeit erreicht haben, zwingen die Magnete sie auf dem letzten Drittel der Strecke in eine Slalomfahrt. Auf diesem Schlingerkurs werden die Elektronen in den Kurven immer wieder abgebremst und geben dabei in regelmäßigen Pulsen Energie ab: die Röntgenpulse. Das Prinzip ähnelt den kreisförmigen Synchrotronen, doch durch den Slalomkurs lassen sich Pulse kohärenten Röntgenlichts erzeugen – ein gepulster Röntgenlaser.
Erster Test erfolgreich
Der Injektor, das vorderste Teilstück des Linearbeschleunigers hat nun seine Premiere erfolgreiche gemeistert. In ihm werden mehrere Milliarden Elektronen aus einer Elektrode aus Cäsiumtellurid herausgeschlagen und mit UV-Laserpulsen beschossen. Dadurch entsteht ein Elektronenpaket, das
zunächst in einem normalleitenden Hohlraumresonator vorbeschleunigt wird. Anschließend sorgen zwei supraleitende, mit Helium gekühlte Beschleunigermodule für eine weitere Energieerhöhung.
Im ersten Test erzeugte und beschleunigte der Injektor nun erfolgreich die erste Serie von energiereichen Elektronenpaketen. Die Elektronen benötigten für den 45 Meter langen Weg vom Anfang bis zum Ende des Injektors 0,15 Mikrosekunden und erreichten dabei annähernd Lichtgeschwindigkeit.
„Die ersten Elektronen im Injektor sind ein Meilenstein für diese ambitionierte Entdeckungsmaschine – Glückwünsche an alle Physiker und Ingenieure, die die verschiedenen Komponenten mit großem Engagement gebaut und montiert haben“, sagte Helmut Dosch, Vorsitzender des DESY-Direktoriums. „Mehr als die Hälfte der supraleitenden Module des Hauptbeschleunigers sind bereits getestet und montiert, und ich bin ich sicher, dass wir bald auch hier mit der Inbetriebnahme beginnen können.“
In den nächsten Wochen und Monaten wird der Injektor intensiv getestet, während der übrige Linearbeschleuniger aufgebaut wird. Der nächste große Meilenstein ist die für Ende 2016 geplante Beschleunigung von Elektronen über 2,1 Kilometer. Der Nutzerbetrieb soll 2017 beginnen.
(DESY, 22.12.2015 – NPO)