Im Schlaf verstellt: Forscher haben eine verblüffend simple Methode gefunden, mit der sich der lästige Jetlag verhindern lässt. Setzt man sich in der Nacht vor dem Flug eine Zeit lang regelmäßigen Lichtblitzen aus, stellt dies unsere innere Uhr schon im Vorhinein auf die neue Zeit um – und das, ohne dass wir wachwerden oder es unangenehme Folgen hat, wie die Forscher im „Journal of Clinical Investigation“ berichten.
Gerät unsere innere Uhr aus dem Takt, beispielsweise durch einen Langstreckenflug, dann hat dies unangenehme Folgen: Wir fühlen uns wie gerädert, sind tagsüber todmüde, dafür abends leider hellwach. Auf Dauer kann ein häufiges Leben gegen die innere Uhr sogar Krankheiten fördern und den geistigen Abbau verstärken, wie Studien zeigen. Zwar schafft es die innere Uhr bei einem Jetlag von allein, sich wieder mit dem Tag-Nacht-Rhythmus der Umwelt zu synchronisieren, aber das dauert gewöhnlich ein paar Tage.
Nächtliches Blitzen
Raymond Najjar vom Singapore Eye Research Institute und seine Kollegen haben nun einen Weg gefunden, den Jetlag zu verhindern – indem die innere Uhr schon im Vorhinein auf den neuen Rhythmus geeicht wird. Normalerweise schafft unsere Uhr nur rund eine Stunde Verschiebung pro Tag, mehr ist von Natur aus nicht vorgesehen. Doch eine besondere Art der Lichttherapie kann ihr auf die Sprünge helfen.
Für das Experiment lebten 39 Probanden zunächst zwei Wochen lang in einem ganz regelmäßigen Schlaf-Wach-Rhythmus. Anschließend ging es ins Schlaflabor. Dort setzten die Forscher die Teilnehmer kurz nach dem Einschlafen jeweils eine Stunde lang entweder einem hellen Dauerlicht aus oder aber einem Wechsel von zwei Millisekunden langen Blitzen und zehn Sekunden Dunkelheit. Am nächsten Tag ermittelten sie, wann die abendliche Müdigkeit bei den Teilnehmern einsetzte.
Innere Uhr um zwei Stunden verstellt
Das überraschende Ergebnis: Die Probanden, die zu Beginn der Nacht den Lichtblitzen ausgesetzt waren, wurden zwei Stunden später müde als an den Tagen zuvor. Der Spiegel des Schlafhormons Melatonin stieg bei ihnen abends deutlich später und langsamer an, wie Speichelproben ergaben. Obwohl sie das nächtliche Flackerlicht gar nicht bemerkt hatten und ungestört weiterschliefen, hatten sich die Blitze offenbar auf ihren Tag-Nacht-Rhythmus ausgewirkt.
„Das ist wie eine Art biologisches Hacking“, erklärt Seniorautor Jamie Zeitzer von der Stanford University. Obwohl wir die Augen geschlossen haben, registrieren die Sinneszellen unserer Netzhaut den Lichteinfall. Sie melden diese Reize an das Gehirn weiter und dieses glaubt dadurch, es sei noch Tag. Weil das Licht der wichtigste Zeitgeber unserer inneren Uhr ist, passt diese sich an das vermeintliche Tageslicht an – und das schneller als normal.
Blitze effektiver als Dauerlicht
Der Grund dafür scheint nicht das Licht als solches zu sein, sondern die schnelle Folge der hellen Blitze, wie die Forscher erklären. Denn sie ermöglichen es den Sinneszellen in unserer Netzhaut, sich jeweils nach einem Blitz wieder zu regenerieren. Das macht die Blitze effektiver als ein Dauerlicht, das nur zur Erschöpfung der Sehpigmente führt und damit nach kurzer Zeit gar nicht mehr wahrgenommen werden kann.
„Damit könnten diese Lichtblitze einen neuen Weg eröffnen, uns schnell an Zeitverschiebungen anzupassen“, sagt Zeitzer. Zwar haben Forscher bereits einige Wirkstoffe identifiziert, die unseren inneren Taktgeber ebenfalls zu einer schnelleren Umstellung bewegen. Diese sind aber bisher nur bei Fischen oder Mäusen getestet worden – und ihre Nebenwirkungen sind ungeklärt.
Hilft auch bei Schichtarbeit
Die Lichtblitze bieten demgegenüber eine simple und risikofreie Methode, sich auf eine Zeitverschiebung vorzubereiten, wie die Forscher betonen. Und so liefe das praktisch ab: „Wenn Sie morgen von Kalifornien nach New York fliegen müssen, nutzen Sie in der Nacht davor die Lichttherapie“, erklärt Zeitzer. „Wenn Sie normalerweise um 8 Uhr morgens aufwachen, stellen sie die Blitze so ein, dass sie um 5 Uhr beginnen.“
Durch das einstündige Blitzen verschiebt sich innere Rhythmus innerhalb dieser Nacht schon um mindestens zwei Stunden nach vorne. „Bei Ankunft in New York hat Ihr biologisches System dann bereits begonnen, sich auf die Ostküstenzeit einzustellen“, so Zeitzer. Wie er erklärt, könnte diese Lichtblitz-Therapie nicht nur gegen Jetlag helfen – auch Menschen, die in Wechselschichten arbeiten, könnten sich so schneller an die Verschiebung ihres Tag-Nacht-Rhythmus gewöhnen. (Journal of Clinical Investigation, 2016; doi: doi: 10.1172/JCI82306)
(Stanford University Medical Center, 10.02.2016 – NPO)