Astronomie

Dreieinhalb Jahre lang Sonnenfinsternis

Astronomen entdeckten längste bekannte stellare Verfinsterung

So könnte das Sternenpaar TYC 2505-672-1 aussehen: Durch seine Staubscheibe verdeckt ein Partner den anderen dreieinhalb Jahre lang. © Jeremy Teaford / Vanderbilt University

Astronomen haben die längste bekannte Sternenfinsternis im Weltall entdeckt: Ein 10.000 Lichtjahre entfernter Stern wird von seinem Begleiter alle 69 Jahre für dreieinhalb Jahre komplett verdeckt. Gäbe es einen Planeten in diesem Doppelsternsystem, könnte er für Jahre in Dunkelheit versinken. Grund für die Verfinsterung ist wahrscheinlich eine dicke Staubhülle um einen der beiden Sterne, wie die Forscher im Fachmagazin „Astronomical Journal“ berichten.

Auf der Erde wird eine Sonnenfinsternis durch den Mond verursacht, der sich genau zwischen Sonne und Erde schiebt. Diese Verdunkelung hält allerdings nur wenige Minuten an und ist immer nur von einem kleinen Ausschnitt der Erdoberfläche sichtbar. Aber was wäre, wenn die Sonne nicht nur kurz verschwände, sondern sogar über Jahre hinaus verfinstert wird? Das klingt wie Science-Fiction, ist im Weltall aber durchaus Realität.

Dreieinhalb Jahre verdeckt

Einen neuen Rekordhalter in dieser Hinsicht haben nun Joey Rodriguez von der Vanderbilt University und seine Kollegen aufgespürt. Es handelt sich um ein 10.000 Lichtjahre entferntes Doppelsternsystem mit der sperrigen Bezeichnung TYC 2505-672-1. Als die Astronomen in fast 12.000 Aufnahmen aus den letzten hundert Jahren nach diesem Sternenpaar fahndeten, stießen sie auf extrem lange Phasen der Verfinsterung.

Alle 69 Jahre versinkt der normalerweise helle Doppelstern in Dunkelheit und ist dann kaum noch zu erkennen – und das dreieinhalb Jahre lang. „Das ist die längste Dauer für eine stellare Eklipse, die wir jemals entdeckt haben, und das längste Intervall bei einem sich verfinsternden Doppelstern“, sagt Rodriguez. Die letzten Verfinsterungen bei diesem System ereigneten sich zwischen 2011 und 2015 und davor in den 1940er Jahren.

Die kombinierten Beobachtungedaten verschiedener Teleskop-Netzwerke sprechen für eine Eklipse in den 1940ern und eine zwischen 2011 und 2015. © Joey Rodriguez / Vanderbilt University

Anders als bei Epsilon Aurigae

Bisher hielt der Doppelstern Epsilon Aurigae den Rekord der stellaren Verfinsterungen. Bei diesem rund 2.000 Lichtjahre von uns entfernten Sternenpaar schiebt sich alle 27 Jahre einer der beiden Partner vor den anderen und verdunkelt ihn von uns aus gesehen für gut zwei Jahre. Die Verdeckung verursacht dabei nicht der Stern selbst, sondern seine gewaltige Staubscheibe – sie ist so groß, dass sie das Sonnensystem bis zum Orbit des Jupiter füllen würde.

Die Aufnahmen von TYC 2505-672-1 sprechen dafür, dass bei diesem Doppelstern Ähnliches geschieht – allerdings mit einigen wesentlichen Unterschieden. Denn während bei Epsilon Aurigae ein gelber Riese von einem sonnenähnlichen Stern umkreist wird, handelt es sich bei TYC 2505-672-1 um zwei Rote Riesen, wie die Forscher berichten.

Roter Riese mit abgeworfener Hülle

Einer von beiden jedoch ist ziemlich ungewöhnlich: Die Analysen der Beobachtungsdaten ergaben, dass der zweite Rote Riese nur weniger als halb so groß wie unsere Sonne ist – und damit alles andere als riesig. Gleichzeitig ist seine Oberfläche 2.000 Grad heißer als die der Sonne und damit für einen Roten Riesen eigentlich zu heiß. Die Astronomen schließen daraus, dass dieser Riesenstern seine äußeren Schichten verloren haben muss.

Die abgeworfenen Hüllen aus Gas und Staub umgeben den Stern wahrscheinlich noch als scheibenförmige Wolke – und sorgen für die stellare Eklipse. „Denn die einzige Möglichkeit, so langanhaltende Verfinsterungen zu bekommen, ist eine ausgedehnte Scheibe von undurchsichtigem Material“, sagt Rodriguez. „Nichts Anderes ist groß genug, um einen Stern über Monate hinweg zu verdecken.“

Um das ungewöhnlich lange Intervall zwischen zwei Finsternissen zu erklären, müssen sich die beiden Roten Riesen zudem in einem großen Abstand umkreisen, wie die Astronomen berichten. Zwischen beiden müssen ihren Berechnungen nach mindestens 20 Astronomische Einheiten liegen – das entspricht der Entfernung von der Sonne zum Planeten Uranus.

Das jedoch gibt Rätsel auf. Denn normalerweise verliert ein Roter Riese sein Hüllen vorzeitig, wenn das Material von einem nahen Begleiter abgesaugt wird. Doch in diesem Fall ist der Partnerstern dafür zu weit entfernt. Bisher reicht die Auflösung der Teleskope nicht aus, um mehr über das sonderbare Doppelsternsystem TYC 2505-672-1 zu erfahren. Die Astronomen hoffen aber, dass dies bei der nächsten stellaren Eklipse anders sein wird – sie wird erst 2080 wieder eintreten. (Astronomical Journal, in press; arXiv:1601.00135)

(Vanderbilt University, 19.02.2016 – NPO)

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