Seltenes Himmelsschaupiel: Ab heute Mittag wird der Planet Merkur direkt vor der Sonne vorüberwandern. Mit dem Teleskop ist er dann gut sieben Stunden lang als winziger dunkler Punkt vor der hellen Sonnenscheibe sichtbar. Für die Astronomen ist der Merkurtransit eine seltene Chance, die Teleskope und Instrumente zu testen und zu eichen, mit denen sie sonst Transits von Exoplaneten beobachten.
Der Merkur war lange Zeit der rätselhafteste unter unseren Nachbarn im Sonnensystem. Denn sein Kern ist eigentlich zu groß, seine Rotation schneller als gedacht und seine Oberfläche hat seltsam frische Löcher. Zwar konnten Daten der Merkursonde Messenger einige dieser Rätsel lösen helfen, aber noch lange ist nicht alles über den innersten Planeten bekannt.
Dunkler Punkt vor der Sonne
Umso gespannter warten Astronomen in aller Welt auf den heutigen Merkurtransit. Denn nur gut ein Dutzend Mal pro Jahrhundert kann man ein solches Ereignis am Himmel beobachten. Zwar überholt der Merkur auf seiner Bahn die Erde sogar alle 116 Tage einmal. Weil jedoch die Merkurbahn gegenüber der Erdbahn geneigt ist, zieht der innerste Planet von uns aus gesehen meist ober- oder unterhalb der Sonne vorbei. Nur wenn Merkur, Erde und Sonne genau in einer Linie stehen, wie am 9. Mai der Fall, gibt es einen Transit.
Der Planet wird dabei von uns aus gesehen direkt vor der hellen Sonnenscheibe vorüberziehen. Etwa ab 13:15 Uhr unserer Zeit beginnt dieser Transit mit dem Auftauchen des winzigen schwarzen Merkurpunkts am linken Rand der Sonne. Bis zum Ende des Transits gegen 20:40 Uhr wird er dann langsam nach schräg rechts unten wandern. Den nächsten Merkurtransit gibt es erst wieder im Jahr 2019 zu sehen.
Sichtbar per Teleskop oder im Live-Stream
Im Gegensatz zu einem Venustransit ist dieses Himmelsschauspiel aber ohne Teleskop mit mindestens 50-facher Vergrößerung nicht zu sehen – für das bloße Auge ist der dunkle Fleck zu klein. Und auch die Beobachtung mit Teleskop oder Kamera gilt: Niemals ohne speziellen Schutzfilter in die Sonne schauen, sonst drohen schwere Augenschäden!
Wer kein eigenes Teleskop besitzt, hat aber dennoch eine Chance, das Ereignis zu verfolgen: An diesem Tag bieten viele Sternwarten und Observatorien Beobachtungstreffen an. Auch im Internet wird der Merkurtransit live übertragen, unter anderem in einem Live-Stream der ESA und vom EU-Projekt STARS4ALL. Die NASA stellt live-Bilder des Sonnensatelliten SDO ins Netz, der den Transit sozusagen aus der ersten Reihe dokumentieren wird.
Fingerabdruck der Gashülle
Für die Astronomen ist der Merkurtransit eine wertvolle Chance, mehr über die extrem dünne Atmosphäre des Planeten zu erfahren. Gleichzeitig können sie dabei Methoden ausprobieren und überprüfen, mit denen sonst die Atmosphäre von Exoplaneten erkundet werden.
Wenn das Sonnenlicht beim Transit durch die Exosphäre des Merkur scheint, hinterlassen die darin vorhandenen Elemente ihre Signatur in Form von Linien im solaren Lichtspektrum. Anhand der Dicke und Position dieser Linien lässt sich erkennen, um welche Elemente es sich handelt, aber auch, wie weit die Exosphäre nach außen reicht und wie dicht sie ist. Auch bei Exoplaneten liefern solche spektralen Fingerabdrücke Astronomen wertvolle Informationen.
Natrium als Spektrographen-Test
Forscher des Leibniz-Instituts für Astrophysik Potsdam (AIP) werden den Transit gleich von mehreren Standorten aus beobachten und dabei Teleskope und verschiedene Instrumente testen. Matthias Mallonn vom AID wird den Transit mit einem Spektrographen in Arizona verfolgen, der sonst zur sogenannten Transmissionsspektroskopie von Exoplaneten eingesetzt wird. Dabei vergleicht er spektrale Natriumwerte vor, während und nach dem Vorbeizug des Planeten.
Merkurs Exosphäre schwächt das Sonnenlicht bei der Wellenlänge von Natrium während des Transits nur um etwa ein Hunderttausendstel ab. Dieser Effekt lässt sich nur mit einem extrem präzisen Spektrographen nachweisen. „Wir nehmen die gesamte Sonnenscheibe auf, dadurch ist das Signal der Exosphäre Merkurs winzig. Mit der Messung will ich herausfinden, welche Genauigkeiten ich erzielen kann, um diese Erfahrung später auf Exoplaneten anzuwenden“, so der Forscher.
Übergang am Planetenrand im Visier
Mallonns Kollege Carsten Denker wird am europäischen Sonnenteleskop GREGOR auf Teneriffa die Ausdehnung und Form der Merkur-Exosphäre vermessen und dabei Messungen wiederholen, die beim Merkur-Transit im Jahr 2003 gemacht wurden. Für Bildaufnahmen sollen zudem eine sehr schnelle Kamera und adaptive Optik eingesetzt werden, mit deren Hilfe die Forscher auf gestochen scharfe Bilder des Ereignisses hoffen.
„Der Merkurtransit bietet uns eine einzigartige Möglichkeit unsere Messmethodik zu kalibrieren“, erläutert Denker. „Wie scharf wir den harten Übergang zwischen dem Planetenrand und der Sonne beobachten können, ermöglicht uns einzuschätzen, wie sehr Streulicht die Beobachtung mit GREGOR tatsächlich beeinflusst.“
(Royal Astronomical Society/ Leibniz-Institut für Astrophysik Potsdam, 09.05.2016 – NPO)