Überraschung in Sachen Ur-Atmosphäre: Funde von winzigen Meteoriten, die vor 2,7 Milliarden Jahren niedergegangen sind, haben erstaunliche Hinweise über die Merkmale der damaligen Erdatmosphäre geliefert. Oxidations-Spuren an den nur etwa haarbreit-großen Partikeln legen nahe, dass die obere Atmosphäre damals bereits ähnliche Sauerstoffkonzentrationen aufwies, wie heute. Nur die untere Schicht war vor 2,7 Milliarden Jahren noch sehr sauerstoffarm.
Die Atmosphäre der Erde war nicht immer so sauerstoffreich wie heute. Wissenschaftler sind sich einig: Vor rund drei Milliarden Jahren enthielt die Lufthülle um unseren Planeten herum kaum Sauerstoff. Doch Forscher um Andrew Tomkins von der Monash University in Melbourne haben nun Hinweise darauf entdeckt, dass diese Annahme so nicht stimmt – zumindest nicht für alle Schichten der urzeitlichen Atmosphäre.
Das Team hat Mikro-Meteoriten in Gesteinen aufgespürt, die aus dem Westen Australiens stammen. Datierungen zufolge sind sie 2,7 Milliarden Jahre alt. Mit modernsten Mikroskopie-Verfahren konnten die Forscher zeigen, dass es sich bei den Partikeln um winzige „fossile“ Meteoriten handelte, die ursprünglich aus Eisen bestanden haben, das bei der Durchquerung der Erdatmosphäre in Eisenoxid übergegangen war. „Das war aufregend, denn es bot erstmals die Möglichkeit, Hinweise über die Zusammensetzung der einstigen Erdatmosphäre zu gewinnen“, sagt Tomkins.
Ein echtes Rätsel
Die Ergebnisse der Analysen stellten sich ausgesprochen überraschend heraus: Um den Oxidationszustand der Meteoriten zu erklären, müsste die Sauerstoffkonzentration in der oberen Atmosphäre damals ähnlich dem heutigen Niveau gewesen sein. „Das war eine Überraschung, weil es als gesichert gilt, dass zumindest die untere Erdatmosphäre vor 2,7 Milliarden Jahren sehr sauerstoffarm war“, sagt Co-Autor Matthew Genge vom Imperial College London. „Wie die obere Atmosphäre so viel Sauerstoff enthalten konnte, bevor photosynthetische Organismen aufkamen, war ein echtes Rätsel“, so der Experte für Meteoriten.
Den Forschern zufolge ist eine mögliche Erklärung, dass die Erde zu dieser Zeit eine geschichtete Atmosphäre mit wenig vertikaler Durchmischung besaß. Der Sauerstoff in der oberen Atmosphäre könnte durch den Abbau von Kohlendioxid durch ultraviolettes Licht entstanden sein. „Der Grund für die fehlende Durchmischung könnte eine Methanschicht auf der mittleren Höhe der Atmosphäre gewesen sein“, sagt Tomkins. Das Methan hat möglicherweise Licht absorbiert und dadurch eine Wärmezone geschaffen, die eine vertikale Durchmischung der Atmosphäre verhinderte.“
Weitere Untersuchungen sollen folgen
Die Forscher wollen nun auch weiterhin Mikro-Meteoriten nutzen, um Hinweise über die Beschaffenheit der Atmosphäre im Laufe der Erdgeschichte zu untersuchen. „Der nächste Schritt bei unserer Forschung wird sein, Mikro-Meteoriten aus einer Reihe von Felsen zu extrahieren, die eine Milliarde Jahre der Erdgeschichte abdecken. Wir werden uns vor allem auf die große Oxidations-Phase konzentrieren, die vor 2,4 Milliarden Jahren einsetzte – als es zu einem plötzlichen Sprung bei den Sauerstoffkonzentrationen in der unteren Atmosphäre kam“, sagt der Wissenschaftler. (Nature, 2016; doi: 10.1038/nature17678)
(Nature, 12.05.2016 – DAL)