Medizin

Auch salzarme Kost kann krank machen

Eine zu geringe Salzaufnahme erhöht sogar das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen

Salz hat einen schlechten Ruf, zu wenig jedoch kann ebenfalls schaden. © Olga Mitskova/ iStock.com

Es klingt paradox: Bei den meisten Menschen schadet nicht zuviel Salz der Gesundheit, sondern zu wenig – das legt eine internationale Studie mit 130.000 Menschen nahe. Demnach steigt das Risiko für Herzinfarkte und Schlaganfall bei denjenigen, die weniger als drei Gramm Salz täglich zu sich nehmen, wie die Forscher im Fachmagazin „The Lancet“ berichten.

Salz hat heute eher einen schlechten Ruf: Es soll unter anderem den Blutdruck in die Höhe treiben, Herz-Kreislauf-Erkrankungen fördern, die Nieren belasten und das Risiko für Darmkrebs erhöhen. Unter anderem deshalb plädieren viele Mediziner für eine eher salzarme Kost: Mehr als sechs Gramm täglich sollten es nach den Empfehlungen der Deutschen Gesellschaft für Ernährungsforschung (DGE) nicht sein, einige Forscher halten sogar maximal drei Gramm täglich für besser.

Umstritten ist allerdings, ob die Enthaltsamkeit beim Salz allen Vorteile bringt – oder nicht sogar nachteilig für die Gesundheit sein kann. Andrew Mente von der kanadischen McMaster University und seine Kollegen haben dies nun in einer Studie mit mehr als 130.000 Teilnehmern aus 49 Ländern überprüft. Sie untersuchten den Zusammenhang von Salzaufnahme und Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Schlaganfällen und frühem Tod bei Menschen mit und ohne erhöhtem Blutdruck.

Zu wenig Salz schadet

Das überraschende Ergebnis: Diejenigen, die weniger Salz zu sich nahmen als der Durchschnitt, litten sogar häufiger an Herzinfarkten oder Schlaganfällen. Weniger als drei Gramm Salz pro Tag wirkten sich eher negativ auf ihre Gesundheit aus – und das sowohl bei Patienten mit erhöhtem Blutdruck als auch bei solchen mit normalen Werten, wie die Forscher berichten.

„Eine solche geringe Salzaufnahme senkt den Blutdruck zwar leicht, aber der Salzmangel hat dafür andere Effekte, darunter die Erhöhung bestimmter schädlicher Hormone“, erklärt Mente. „Dies kann gegenüber den positiven Effekten überwiegen.“ Seiner Ansicht nach sei es daher wichtig, nicht nur auf die Blutdruck-Wirkungen des Salzes zu schauen, sondern darauf, wie die Wirkung auf die gesamte Gesundheit sei.

Gießkannen-Prinzip bringt nichts

Die Studie bestätigt zudem, dass nur ein kleiner Teil der Bevölkerung sowohl an hohem Blutdruck leidet als auch zu viel Salz – mehr als sechs Gramm täglich – zu sich nimmt. Nach Meinung der Forscher spricht dies dafür, dass ein Großteil der Bevölkerung in den westlichen Ländern nicht zuviel Salz aufnimmt, sondern in etwa die richtige, weil gesündeste Menge. Die beispielsweise in Kanada empfohlenen tägliche Salzmenge von rund drei Gramm seien daher eher zu niedrig angesetzt.

„Unsere Ergebnisse hinterfragen den Sinn der aktuellen Richtlinien, nach denen der gesamten Bevölkerung gepredigt wird, weniger Salz zu sich zu nehmen“, sagt Koautor Martin O’Donnell von der McMaster University. „Ein Ansatz, der gezielt Menschen mit Bluthochdruck und hohem Salzkonsum anspricht, erscheint angesichts der aktuellen Belege weitaus passender.“

Dies stimmt mit Ergebnissen früherer Studien überein, nach denen es in bestimmten Fällen sogar wichtig sein kann, ausreichend Salz zu essen – beispielsweise für schwangere Frauen. Denn bei ihnen senkt eine salzreiche Kost sogar den Blutdruck und verringert das Risiko einer sogenannten Präeklampsie. (The Lancet, 2016; doi: 10.1016/S0140-6736(16)30467-6)

(McMaster University, 24.05.2016 – NPO)

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