Spektakulärer Fernblick: Astronomen haben den bisher weitesten Infrarotblick auf einen relativ großen Himmelsbereich geworfen. Ihre neue Infrarotkarte zeigt hunderttausende Galaxien, wie sie teilweise weniger als eine Milliarde Jahre nach dem Urknall aussahen. Dieser neue Einblick in das junge Universum soll nun wertvolle neue Erkenntnisse über die Bildung der ersten Galaxien und ihre weitere Entwicklung liefern.
Wann entstanden die ersten Galaxien? Wie entwickelten sie sich während verschiedener Phasen unseres Universums? Und welche Galaxientypen existierten in der Frühzeit des Kosmos? Um diese Fragen zu beantworten, blicken Astronomen mit Hilfe leistungsstarker Teleskope wie beispielsweise dem Hubble-Weltraumteleskop immer weiter ins All hinaus – und damit gleichzeitig zurück in die kosmische Vergangenheit.
Ein Ausschnitt so groß wie vier Vollmonde
Jetzt ist Astronomen mit dem Ultra Deep Sky Survey (UDS) der bisher fernste Infrarotblick in einem relativ großen Himmelsbereich gelungen. Für diesen durchmusterten sie einen Bereich so groß wie vier Vollmonde in bisher unerreichter Tiefe. Dafür setzten sie das zweitgrößte Infrarotteleskop der Erde ein, das 3,8 Meter United Kingdom Infrared Telescope (UKIRT) auf dem Mauna Kea auf Hawaii.
Um mehr als zwölf Milliarden Lichtjahre entfernte Galaxien abzubilden, beobachteten die Astronomen den gleichen Himmelsausschnitt mehrfach hintereinander und kombinierten dann die Aufnahmen aus tausend Stunden Beobachtungszeit zu einer detailreichen Karte des frühen Universums. „Mit dem Ultra Deep Survey sehen wir die meisten Galaxien in einer Zeit Milliarden Jahre vor der Entstehung der Erde“, erklärt UDS-Studienleiter Omar Almaini.
Zwölf Milliarden Jahre zurück
Die jetzt vorgestellten Daten und Aufnahmen des Ultra Deep Survey umfassen mehr als 250.000 neu entdeckte Galaxien, darunter mehrere hundert, die weniger als eine Milliarde Jahre nach dem Urknall gebildet wurden. Dieser Infrarot-Blick ins All ist mit einer Reichweite von bis zu zwölf Milliarden Lichtjahren der bisher tiefste in einem so großen Himmelsausschnitt gemachte, wie die Forscher berichten.
„Mit dem UDS können wir weit entfernte Galaxien in großer Zahl erforschen und beobachten, wie sie sich zu verschiedenen Zeiten entwickelt haben“, erklärt Almaini. Astronomen rund um die Welt werden die neuen Aufnahmen künftig nutzen, um die frühe Stadien der Galaxienbildung und -entwicklung zu untersuchen. Die Forscher erwarten daher von der Auswertung dieser Daten zahlreiche neue Erkenntnisse.
Rätselhafte Transformation
Noch immer rätselhaft ist beispielsweise eine dramatische Transformation, die viele massereiche Galaxien vor rund zehn Milliarden Jahren durchliefen. „Damals scheinen viele Galaxien abrupt mit der Sternenbildung aufgehört zu haben und sie veränderten ihre Form zu spheroidalen Galaxien“, erklärt Koautor William Hartley vom University College London. „Warum dies geschah, verstehen wir bisher noch immer nicht vollständig.“
In den neuen Aufnahmen des Ultra Deep Survey ist diese rätselhafte Umbruchsphase eingefangen. „Wir hoffen, dass wir in den UDS-Bildern große Mengen dieser Galaxien in der Umbruchsphase finden“, sagt Hartley. „Dann können wir sie im Detail studieren um dieses wichtige Puzzle zu lösen.“ (National Astronomy Meeting 2016)
(Royal Astronomical Society (RAS), 28.06.2016 – NPO)