Chemie

Skurril: Kaffeemaschine als Analyse-Helfer

Kapselgerät extrahiert Umweltchemikalien genauso gut wie herkömmliche Chemiemethoden

Espressomaschinen brühen nicht nur Kaffee, sie können auch Umweltchemiaklien aus Bodenproben extrahieren. © Ludinko/iStock.com

Laborhelfer statt Kaffeelieferant: Eine Espressomaschine kann Chemikern aufwändige Laborprozeduren oder teure Spezialgeräte ersparen. Denn füllt man Bodenproben in ihre Kapseln ein, extrahiert sie daraus effektiv organische Schadstoffe – und das genauso gut wie der bis zu 16-stündige konventionelle Extraktionsweg. Die Kaffeemaschine benötigt dafür nur elf Sekunden und ist erheblich billiger als ein teures Spezialgerät.

Schon jetzt sind Kaffeemaschinen auch in Chemielaboren unverzichtbare Helfer – allerdings eher, um Chemiker und Laboranten mit dem wachmachenden Koffein zu versorgen. Wenn es um Analysen ging, waren die Espressomacher dagegen eher passive Objekte, beispielsweise als Forscher die Mikrobenwelt in Kapselgeräten untersuchten – und wimmelndes Leben fanden.

Aufwändige Extraktion

Francesc Esteve-Turrillas und seine Kollegen von der Universität Valencia hatten jedoch eine andere Idee: Wenn die Espressomaschine so gut Kaffeearomen aus dem Pulver herauslösen kann – warum nicht auch organische Chemikalien aus anderen Proben? Denn um beispielsweise Bodenproben auf organische Schadstoffe untersuchen zu können, müssen diese erst aus dem Bodenmaterial herausgelöst werden.

Besonders häufig finden sich polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe (PAK) in der Umwelt – Chemikalien, die als krebserregend gelten. Um die PAKs aus Bodenproben zu extrahieren, ist bisher jedoch ein mehrschrittiger, bis zu 16 Stunden dauernder Prozess nötig, der noch dazu viele giftige Lösungsmittel erfordert. Zwar gibt es auch Laborgeräte, die diese Extraktion mit Hilfe von Hitze schneller und automatisiert erledigen, diese aber sind extrem teuer und daher gerade für kleinere Labor unerschwinglich.

In solche Kapseln füllten die Forscher ihre Bodenproben statt des Kaffeepulvers © studiodr/iStock.com

Aufgebrühte Bodenproben

Die Alternative: eine herkömmliche Kapselmaschine zur Kaffeezubereitung. Esteve-Turrillas und seine Kollegen füllten in ihrem Experiment jeweils fünf Gramm einer Bodenprobe in eine leere Kapsel ein. Um festzustellen, wie gut die Extraktion funktioniert, nutzten sie sterile Böden, denen sie definierte Mengen verschiedener PAKs zusetzten, darunter Naphtalen, Benzpyren, Fluoren und andere gängige Schadstoffe.

Dann setzen die Forscher die Kapseln in die Espressomaschine ein und brühten sich ihren „Kaffee der chemischen Art“ auf. Statt reinem Wasser nutzten sie dabei Wasser mit einem Zusatz des organischen Lösungsmittels Acetonitril. Das Ergebnis: Aus der Auslassdüse floss nach kürzester Zeit die gewünschte Schadstofflösung. „Die Prozedur geht wirklich schnell, die Extraktion dauert nur elf Sekunden“, berichten die Wissenschaftler. „Zudem benötigt man weniger Lösungsmittel.“

Genauso effektiv wie herkömmliche Methoden

Die Ausbeute an PAKs ließ sich sehen: Die Espressomaschine extrahierte bis zu 100 Prozent der zuvor im Boden enthaltenen Schadstoffe, wie die Forscher berichten. „Im Vergleich zur Referenzmethode erzielte die Espressomaschine statistisch vergleichbare Ergebnisse.“ Die untere Grenze für die Extraktion lag bei Konzentrationen von einem bis 38 Mikrogramm pro Kilogramm.

In weiteren Versuchen haben Esteve-Turrillas ihre Espressomaschine auch schon erfolgreich für die Extraktion von Chemikalien aus normalen Bodenproben genutzt. Sie testen nun als nächstes, ob sich diese unkonventionelle und günstige Methode auch zur Extraktion von Pestiziden und Arzneistoffen aus Proben eignet.

Für die Forscher ist klar: Die Espressomaschine ist ein durchaus vollwertiges Laborgerät – und zu mehr geeignet als nur zum Wachhalten von Chemikern und Labortechnikern. „Die Kapsel-Espressomaschine bietet enorme Möglichkeiten als günstiges Extraktionssystem für die Analyse fester Proben“, konstatieren sie. (Analytical Chemistry, 2016; doi: 10.1021/acs.analchem.6b01400)

(American Chemical Society, 30.06.2016 – NPO)

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