Umwelt

Wald stirbt mehr denn je

Deutscher Waldzustandsbericht 2004 mit alarmierender Bilanz

Dem deutschen Wald geht es so schlecht wie selten zuvor. Nachdem schon Anfang November der europäische Waldzustandsbericht die Alarmglocken ertönen ließ, bestätigt jetzt der deutsche Wadzustandbericht, der gestern in Berlin vorgestellt wurde, die traurige Bilanz: Gesund ist nur noch rund ein Viertel der Bäume, der Rest ist in mehr oder weniger starkem Ausmaß durch Schadstoffe, Klima und Krankheiten geschädigt.

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„Der Zustand unserer Wälder ist alarmierend. Ursache dafür sind vor allem die Spätfolgen des extremen Sommers 2003. Die lang anhaltende Trockenheit und hohe Ozonwerte trafen auf Wälder, die durch anhaltende Säure- und Stoffeinträge aus der Luft geschwächt sind. Wir werden daher unsere Maßnahmen zur Verbesserung der Waldökosysteme konsequent fortführen“, erklärte Bundesverbraucherministerin Renate Künast bei der Vorstellung des Waldzustandsberichts 2004 gestern in Berlin.

Laubbäume besonders betroffen

Der Anteil der Bäume ohne sichtbare Schäden liegt mit nur noch 28 Prozent so gering wie nie zuvor. Knapp ein Drittel der Bäume zeigten deutliche Nadel- oder Blattverluste. Damit hat die Zahl der stark geschädigten Bäume gegenüber 2003 um acht Prozentpunkte zugenommen. Dies sei, so der Bericht, die größte Zunahme im Vergleich zum Vorjahr und gleichzeitig würde damit der höchste Stand seit 1984 erreicht. Besonders betroffen sind die Laubbäume. So weisen mehr als die Hälfte der Buchen deutliche Blattverluste auf. Bei den älteren Buchen fallen sogar 65 Prozent in diese Schadstufen. Dabei gibt es jedoch erhebliche regionale Unterschiede.

Konsequentere Maßnahmen gefordert

Angesichts der alarmierenden Zahlen im Waldzustandsbericht hat der Naturschutzbund NABU gefordert, konsequentere Maßnahmen gegen Luftverschmutzung und die Ursachen von Ozonbelastungen und Klimaveränderungen zu ergreifen. „Der Wald steht unter Stress, der von verschiedenen Faktoren verursacht wird. Dazu zählen auch die Klimaveränderungen, die zu Hitze und Trockenheit der Rekordsommer 2002 und 2003 geführt haben“, sagte NABU-Vizepräsident Christian Unselt.

Man dürfe sich aber nicht dazu verleiten lassen, das Problem allein auf den Jahrhundertsommer 2003 zu schieben, denn auch Ozon, das vor allem für die Schäden an den Laubbäumen verantwortlich sei, spiele eine bedeutende Rolle. Daher müssten der Schadstoffausstoß und der Durchschnittsverbrauch neuer Fahrzeuge gesenkt werden. Ein weiteres Problem stellten laut NABU die nach wie vor hohen Stickstoffeinträge aus der Landwirtschaft dar, die unbedingt reduziert werden müssten.

„Wir müssen alle Möglichkeiten ergreifen, um die Belastungen für die Waldökosysteme weiter zu verringern und die Stabilität der Wälder zu stärken,“ betonte auch Künast. Sie wies jedoch darauf hin, dass die Bundesregierung bereits ein Bündel von Maßnahmen ergriffen habe, um schädliche Einflüsse auf die menschliche Gesundheit, die Umwelt und auch auf die Waldökosysteme zu verringern: Dazu gehöre neben Maßnahmen zu Klima- und Emissionsschutz auch die Förderung erneuerbarer Energien. So sei es durch den Einsatz regenerativer Energieträger gelungen, die Emissionen von Kohlendioxid um rund 53 Millionen Tonnen, und Schwefeldioxid um rund 30 Millionen Tonnen, von Stickstoffoxiden um rund 32 Millionen Tonnen und von Kohlenmonoxid um rund 26 Millionen Tonnen zu verringern.

Ist der Wald noch zu retten?

Kritisch äußert sich dagegen die Umweltschutorganisation Greenpeace: „Der Waldzustandbericht ist der Offenbarungseid der deutschen Umweltpolitik“, sagt Karsten Smid, Klimaexperte von Greenpeace. „Wo vor kurzem noch dichter Nadelwald die Berge bedeckte, scheint auf Vergleichsfotos jetzt der Boden durch den Wald. Die Schäden werden seit zwei Jahrzehnten in Berichten vorgestellt, ohne dass genug gegen das schleichende Waldsterben getan wird. Von einer Lösung der

Probleme sind wir weiter entfernt als je zuvor.“

Helmut Klein, Waldexperte des BUND, sieht dies ähnlich „Der Waldschadensbericht ist leider inzwischen ein jährliches Ritual ohne große Folgen. Die erneute Zunahme der Schäden zeigt, dass Bund und Länder dringend Gegenmaßnahmen einleiten müssen. Leitbild der Landwirtschaft muss der Ökolandbau werden, die Verkehrspolitik gehört generalüberholt. Der Patient Wald kann mit einer richtigen Therapie auch wieder gesunden.“

Nach Auffassung der Schutzgemeinschaft Deutscher Wald (SDW) und des Deutschen Naturschutzrings (DNR) seien von der Politik endlich mutige, wenngleich auch unpopuläre Sofortmaßnahmen gefordert, denn „der Patient Wald befindet sich auf der Intensivstation“, so DNR-Präsident Weinzierl. „Es ist überfällig, den Wald wieder als Basis unserer Kultur und nicht nur als grüne Kulisse oder Christbaumlieferant zu werten.“

(Verbraucherministerium, NABU, BUND, Greenpeace, Schutzgemeinschaft Deutscher Wald, Deutscher Naturschutzring, 09.12.2004 – NPO)

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