Von wegen harmlos: Auch passives Marihuana-Rauchen kann der Gesundheit schaden. Wie nun ein Experiment mit Ratten nahelegt, sind die Cannabis-Schwaden womöglich sogar ungesünder als Tabakrauch. Demnach beeinträchtigt schon eine Minute Passivrauchen die Gefäßfunktion deutlich. Und: Die Arterien erholen sich viel langsamer davon als von passivem Tabakrauchen. Sie brauchen dreimal so lange, um ihre volle Leistung wiederzuerlangen. Das könnte auch langfristige Folgen haben, warnen die Forscher.
Keine illegale Droge ist beliebter als Cannabis. Die Hanfpflanze ist die meist konsumierte verbotene Substanz auf der Welt – und wird zunehmend auch ganz legal für medizinische Zwecke eingesetzt. Denn das in ihr enthaltene Rauschgift wirkt beruhigend, entspannt die Muskeln und lindert Schmerzen. Doch trotz seines Heilpotenzials ist Cannabis nicht ohne Risiken. Die Droge macht süchtig, kann unter anderem Psychosen auslösen und soll auch kognitive Fähigkeiten beeinträchtigen können.
Wissenschaftler um Xiaoyin Wang von der University of California in San Francisco warnen nun, dass auch das Passivrauchen von Marihuana nicht zu unterschätzen ist. „Es gibt den weit verbreiteten Glauben, dass Marihuana-Rauch – anders als Tabakrauch – völlig harmlos ist“, sagen die Forscher. Eine Studie des Teams offenbart jetzt jedoch: Der Rauch scheint sogar schädlicher zu sein als das Pendant von herkömmlichen Zigaretten.
Gefäße erholen sich langsamer
Für ihre Untersuchung beobachteten die Wissenschaftler, wie sich Passivrauchen auf die Blutgefäße von Ratten auswirkt. Dafür setzten sie lebende Nager sowohl Marihuana als auch Tabak aus – und zwar in ähnlichen Mengen, wie man sie als Passivraucher im Alltag einatmen würde. Vor und nach dem Experiment untersuchten die Forscher die Gefäßfunktion ihrer tierischen Probanden: Wie gut konnte das Blut durch ihre Arterien gepumpt werden?
Die Ergebnisse zeigten: Bereits nach nur einer Minute, in der die Ratten Marihuana inhaliert hatten, transportierten die Arterien das Blut bedeutend weniger effektiv. Das Ausmaß der Beeinträchtigung war dabei ähnlich groß wie im Versuch mit Tabakrauch. Allerdings brauchten die Tiere im Vergleich mindestens dreimal so lange, um sich von den Marihuana-Schwaden zu erholen: Nach dem einminütigen Passivrauchen von Tabak war die Gefäßfunktion im Schnitt nach 30 Minuten wiederhergestellt, beim Marihuana nach 90 Minuten.
Wangs Team konnte zudem belegen: Weder im Cannabis enthaltene giftige Stoffe wie Nikotin, noch die psychoaktiven Cannabinoide wie THC oder das Zigarettenpapier sind für den schädlichen Effekt verantwortlich. Denn das Verbrennen des Pflanzenmaterials beeinträchtigte die Gefäße auch dann, wenn diese Substanzen entfernt worden waren und kein Papier benutzt wurde. Schon das reine pflanzliche Material scheint demnach den negativen Einfluss auf die Gefäße zu verursachen.
Höheres Risiko für Herzinfarkte?
Für die Wissenschaftler deutet die Untersuchung daraufhin, dass passives Marihuana-Rauchen der Gesundheit schaden kann. „Die Arterien von Ratten und Menschen reagieren sehr ähnlich auf Tabakrauch. Wir können also davon ausgehen, dass das auch für Marihuana gilt“, sagt Mitautor Matthew Springer.
Zwar sei der beobachtete Effekt temporär. „Doch die Probleme können durchaus langfristig werden, wenn man dem Rauch zu oft ausgesetzt ist“, gibt Springer zu bedenken. Dadurch steige womöglich das Risiko für verhärtete oder verstopfte Arterien – und damit die Gefahr für Herzinfarkte und Schlaganfälle. Die Forscher raten deshalb dazu, Passivrauchen grundsätzlich zu vermeiden – egal ob von Tabak, Marihuana oder anderen Quellen. (Journal of the American Heart Association, 2016; doi: 10.1161/JAHA.116.003858)
(American Heart Association, 29.07.2016 – DAL)